Webber bleibt der "Nürburg-King"

Der Chef geht schon mal voraus:

Sebastian Vettel, Polesetter Mark Webber und Lewis Hamilton im Parc Ferme

2007 hat Mark Webber am Fusse der Nürburg sein erstes Podium für Red Bull geholt, 2009 den ersten Grand-Prix-Sieg seiner Karriere gefeiert - und diese Serie scheint er nahtlos fortzusetzen. Denn im heutigen Qualifying zum Grand Prix von Deutschland sicherte sich Sebastian Vettels erster WM-Verfolger (80 Punkte Rückstand) souverän die Pole-Position.

Wird deine Form immer besser oder liegt dir einfach nur die Strecke hier, Mark? "Vielleicht ein bisschen von beidem", ist dem Australier endlich wieder zum Lachen zumute. "Meine Leistungen wurden in den letzten Rennen besser und diese Strecke war in der Vergangenheit noch nie schlecht für mich." Auch Teamchef Christian Horner lobt: "Mark hat auf einer Strecke, die er immer schon gemocht hat, einen wirklich grossartigen Job gemacht."

Webber: Führung in Q3 nie abgegeben

In der Q3-Entscheidung hatte sich Webber gleich mit seinem ersten Versuch an die Spitze gesetzt, 0,101 Sekunden vor seinem Teamkollegen. Webber konnte sich dann sogar auf 1:30.079 Minuten steigern, was auch bitter notwendig war, denn trotz des eindrucksvollen Red-Bull-Vorsprungs im ersten Run hatte das favorisierte Duo in den letzten Minuten plötzlich unerwartete Konkurrenz, als die Pole-Position ausgefightet wurde. Und zwar nicht von Geheimfavorit Fernando Alonso (Ferrari/+0,363), der mit Platz vier Vorlieb nehmen musste, sondern von Lewis Hamilton! Der McLaren-Pilot, der gestern noch kategorisch ausgeschlossen hatte, auch nur die geringste Chance auf die erste Startreihe zu haben, hatte schon mit Bestzeit in Q2 aufhorchen lassen und schrammte dank einer überragenden fahrerischen Leistung nur um 55 Tausendstelsekunden an Webbers Zeit vorbei! "Das war eine gute Runde, eine verdammt gute Runde!", jubelte er schon am Boxenfunk, um später zu ergänzen: "Ich hätte nicht gedacht, dass das Auto mit wenig Benzin so gut sein würde. Die Runde war eine meiner besten überhaupt. Wir sind nicht weit von Red Bull weg. Das ist ein guter Schritt." Im ersten und dritten Sektor war Hamilton sogar schneller als Webber, allerdings büßte er im wie für Red Bull maßgeschneiderten Mittelsektor gleich vier Zehntelsekunden ein.

Hamilton statt Alonso Herausforderer

Webber gibt im Nachhinein zu, dass es ihn überrascht hätte, nach seiner letzten Runde nicht auf Pole-Position zu stehen: "Auf meiner In-Lap habe ich mir gedacht: 'Wenn mich noch jemand unterbietet, dann verdient er die Pole, denn es war wirklich eine sehr starke Runde!'" Gerechnet hätte er aber wohl eher mit Vettel als mit Hamilton, aber der deutsche Lokalmatador schaffte nach für seine Verhältnisse bescheidenen Trainingsleistungen erstmals 2011 nicht den Sprung in die erste Reihe. Das sei jedoch "keine echte Enttäuschung", macht der überlegene WM-Leader gute Miene zum bösen Spiel: "Natürlich würde ich gerne weiter vorne sein, aber es war eine schwierige Session. Gestern fand ich keine gute Balance, heute Morgen war es besser. Das Wichtigste ist, dass mein Gefühl für das Auto wieder stimmt. Es war sehr eng, es hat nicht viel gefehlt, aber wenn wir für morgen noch einen kleinen Schritt nach vorne machen können, sieht das schon viel besser aus."

Horner spendet Vettel Trost

"Er ist ja Dritter, das ist nicht so schlecht", tröstet Teamchef Horner seine Nummer eins und sucht nach Erklärungen: "Scheint, dass er in der letzten Kurve ein bisschen Zeit verloren hat." Nun ist die Frage, ob Vettel alles riskieren wird, um erstmals auf deutschem Boden zu gewinnen, oder ob er lieber sichere Punkte mitnimmt, um Weltmeister zu werden. Horner: "Er wird beides tun: attackieren, aber auch überlegt fahren, denn die Punkte sind wichtig." Im Schatten der "großen Vier" lieferte Felipe Massa (Ferrari) als bester Verfolger eine ordentliche Leistung ab, wenn auch schon mit beträchtlichen 0,831 Sekunden Rückstand. Der Brasilianer war in Q1 der einzige Fahrer aus den drei Topteams gewesen, der nicht cool genug war, um auf weiche Reifen zu verzichten. Sechster wurde Nico Rosberg (Mercedes), der in Q3 genau wie sein Teamkollege und Adrian Sutil (Force India) spät auf die Strecke ging. Rosberg verdrängte sogar Jenson Button im zweiten McLaren um 25 Tausendstelsekunden aus der dritten Startreihe und kann mit dieser Performance mehr als zufrieden sein, zumal er Schumacher (10.) eine Packung von mehr als einer Sekunde aufs Auge drückte. Da ist selbst ein siebenfacher Weltmeister ratlos: "Die Zeit, die Nico gefahren ist, hätten wir sicher nicht fahren können. Da müssen wir schauen, denn bis heute Morgen war alles in Ordnung."

Schumacher nach Schlappe ratlos

Im dritten Freien Training hatte Schumacher kein KERS gehabt, im Qualifying funktionierte das Hybridsystem aber tadellos. Daher rätselt er: "Wir waren heute Morgen bis zu dem Zeitpunkt, wo wir auf weiche Reifen gegangen sind, gut unterwegs, aber von dem Moment an fehlte uns im Verhältnis eine Sekunde. Jetzt müssen wir herausfinden, warum uns die fehlt." Vielleicht weil du auf ein Regensetup gesetzt hast? "Wir sind sicherlich auch für die Situation gerüstet", antwortet er.

Sutil, der seinen Teamkollegen Paul di Resta in Q2 um fast acht Zehntelsekunden aus den Top 10 geworfen hatte und damit ein kräftiges Lebenszeichen von sich gab, sicherte sich in seiner Heimat den starken achten Startplatz, gefolgt von Witali Petrow. Der hatte in Q2 Nick Heidfeld knapp von seinen Finalträumen "befreit". Beide Renault-Piloten waren heute wieder mit dem Front-Auspuffsystem unterwegs, das schon seit Saisonbeginn verwendet wird.

Heidfeld sieht keinen Vorteil

Aus Sicht von Heidfeld ist der elfte Platz kein Vorteil, auch nicht in strategischer Hinsicht, denn: "Wir erwarten am Sonntag regnerische Bedingungen. Da kann dann jeder seine Reifen frei wählen", erklärt er. "Quick Nick" wird morgen unmittelbar vor di Resta, den beiden Williams-Piloten (Rookie Maldonado wieder vor Routinier Barrichello) und Sergio Perez (Sauber) ins Rennen gehen. Sebastien Buemi gewann das Toro-Rosso-Stallduell gegen Jaime Alguersuari.

Das Sauber-Team verzockte sich in Q1 mit dem extrem langen Zuwarten, denn zwar schaffte Perez den Aufstieg in die nächste Runde, aber Kamui Kobayashi konnte in den Schlussminuten nur noch tatenlos zusehen, als er von einem Gegner nach dem anderen überholt und auf den undankbaren 18. Platz verdrängt wurde. Schnellster Vertreter der drei "neuen" Teams war einmal mehr Heikki Kovalainen (Lotus), diesmal acht Zehntelsekunden vor Timo Glock (Marussia-Virgin).

Für das morgige Rennen liegt die Regenwahrscheinlichkeit bei rund 70 Prozent, melden verschiedene Wetterdienste. Darauf haben die meisten Teams mit ihrem Setup Rücksicht genommen. Insbesondere bei Red Bull fiel auf: Webber und Vettel stießen in der DRS-Zone (Hatzenbach-Gerade) früh an den Begrenzer und belegten in der Topspeed-Wertung nur die Plätze 19 und 20 - ein Indiz für eine Regenabstimmung? DRS darf im Regen schließlich nicht verwendet werden...

23.7.2011