Presse-Konferenz der Fahrer in Indien

Massa, Trulli, Karthikeyan, Barrichello,

Schumacher und Sutil in der FIA-PK

Nach ihren ersten Erkundungen am Buddh International Circuit fanden sich Rubens Barrichello (Williams), Narain Karthikeyan (HRT), Felipe Massa (Ferrari), Michael Schumacher (Mercedes), Jarno Trulli (Lotus) und Adrian Sutil (Force India) bei der offiziellen Pressekonferenz der FIA ein. Nicht alles lief dabei nach Plan, denn zwischendurch fiel plötzlich der Strom aus und das Sextett sass für rund eine halbe Minute im Dunkeln. Die neue Strecke erhellte die Mienen der Fahrer aber sichtlich.

Im Rahmen der Pressekonferenz sprachen die Piloten jedoch nicht nur über die neue Anlage bei Noida, sondern auch über die Auswirkungen des Formel-1-Rennens in Indien sowie über die bevorstehenden Grands Prix in den USA. Ebenfalls thematisiert wurden die jüngsten Todesfälle bei den IndyCars und in der MotoGP. Lesen Sie hier die Pressekonferenz im Wortlaut:

Frage: Sprechen wir zunächst einmal über eure Eindrücke von Indien. Adrian, du warst schon ein paar Mal hier und verbrachtest wahrscheinlich auch die vergangene Woche in Indien...

Adrian Sutil: Ja, ich kenne dieses Land. Die Strecke ist ziemlich gut gelungen. Ich ging am Morgen um den Kurs und alles sieht fertig aus. Das Layout scheint sehr interessant zu sein. Es war insgesamt aber noch recht staubig und schmutzig. Wir müssen also abwarten, wie sich das am Freitagmorgen gestaltet. Hoffentlich steht uns aber ein grossartiger Event ins Haus. Für uns ist es auf jeden Fall etwas Besonderes. Wir schlagen uns seit einigen Jahren immer besser und Indien weiss, dass es unser Team gibt. Es ist an der Zeit, die Formel 1 nach Indien zu bringen. Es wird ein grossartiges Wochenende für uns sein, an dem uns viele Leute beobachten werden. Ich freue mich schon sehr darauf.

Rubens Barrichello: Ich hatte ebenfalls das Gefühl, dass die Strecke recht gut ist. In dieser kurzen Zeit wurde wirklich klasse Arbeit geleistet. Am Freitagmorgen fahren wir erstmals auf dieser Rennbahn. Wie bei allen anderen neuen Strecken gibt es da halt etwas Schmutz und Staub, doch das ist recht normal. Bislang gefällt mir, was ich gesehen habe.

Jarno Trulli: Ich bin erst seit Mittwoch hier, doch der Kurs sieht ziemlich gut aus. Die Leute sind sicher sehr stolz darauf, eine so tolle Anlage in Indien zu haben - besonders im Hinblick auf die Zukunft des Landes im Motorsport. Das Layout der Strecke scheint sehr interessant zu sein. Die Frage ist halt, wie schmutzig oder staubig es ist. Ich fuhr am Morgen ein paar Runden mit dem Fahrrad und da lag noch sehr viel Staub. Hoffentlich können sie noch ein bisschen saubermachen. Ab Freitagfrüh sehen wir dann, wie sich die Strecke im Wochenendverlauf entwickelt. Es sieht aber definitiv schon einmal ziemlich gut aus.

Felipe Massa: Ich halte die Strecke für sehr gut. Ich mag es, hier in Indien zu sein und den Kurs zu sehen. Es ist eine interessante Geschichte, wo wir doch all diese Haarnadel-Kurven mit breiten Bremspunkten haben, bei denen du zwei unterschiedliche Linien nehmen kannst. Das könnte sich beim Überholen bemerkbar machen. Ich denke, es ist eine klasse Strecke.

Narain Karthikeyan: Zunächst muss ich einmal mehr betonen, dass ich nie gedacht hätte, in meiner Karriere einmal in Indien zu fahren. Nun steht das Rennen unmittelbar bevor. Die Strecke ist an manchen Stellen sehr breit, sodass man unterschiedliche Linien und auch Überholmanöver sehen wird. Es ist ganz sicher ein fordernder Kurs. Es gibt viele Auslaufzonen und dergleichen. Da wurde gute Arbeit geleistet, kein Zweifel.

Michael Schumacher: Ich sehe es so wie die anderen Jungs. Ich denke, hier wurde sehr gute Arbeit geleistet. Es sieht sehr interessant aus. Ich beobachtete gerade eben, wie das Safety-Car über die Strecke fegte und sah die Höhenwechsel, einige blinde Kurven. Das stellt uns also vor eine Herausforderung, zumal wir schnelle und langsame Kurven sowie Überholstellen haben. Es ist eine gute Mischung aus Allem, das wir mögen. Ich freue mich daher schon darauf, endlich ins Auto zu steigen. Das ist das wahre Gefühl und nur das kann dir sagen, was du von der Strecke hältst.

Du nanntest eine blinde Kurve, speziell auf dem Weg zu...

Schumacher: Kurve drei.

Genau, vor der Haarnadel. Das dürfte recht interessant werden, oder nicht?

Schumacher: Ja, allerdings. Es ist eine neue Überhol-Philosophie, bei der die Kurveneingänge weit gestaltet werden. Wir tendieren ja dazu, uns auf einer Linie zu verteidigen. Wenn du also ganz nach innen ziehst, kann sich dein Hintermann nach aussen tragen lassen und am Ende der Geraden einen Überholversuch gegen dich wagen. Das bietet eine gute taktische Perspektive für Überholmanöver und eine gute Show. Hoffentlich können wir dafür sorgen, dass die indischen Fans die Formel 1 an diesem Wochenende genießen können.

Adrian, du warst in den vergangenen Tagen sicherlich für Promotionsevents eingeteilt. Möchtest du davon berichten, was alles auf deinem Programm stand?

Sutil: Nun, am ersten Tag war ich in Delhi, dann ging es weiter nach Mumbai. Es handelte sich um Pressetermine, Auftritte - also normale Events für uns. Wir waren auch für Kingfisher aktiv und es war schön, zu sehen, wie viele Fans wir haben und wie aufgeregt die Leute sind. In den vergangenen Jahren gab es da sicherlich eine Entwicklung. Jedes Jahr, als ich hierher kam, wussten die Leute besser und besser über unser Tun an der Rennstrecke Bescheid. Ich hoffe, nach diesem Wochenende tut sich ein weiterer Schritt.

Was rechnest du dir aus der Sicht des Wettbewerbs aus? In den vergangenen Events wart ihr speziell im Qualifying sehr gut, im Rennen aber nicht immer gar so schnell...

Sutil: Ja. Ich denke, in Südkorea hatten wir wieder eine ziemlich gute Qualifikation, doch im Rennen stand uns nicht die richtige Balance zur Verfügung. Wir hatten viel Untersteuern und deshalb konnte ich nicht in die Punkteränge vordringen. Dieses Problem müssen wir vor diesem Rennen hier aus der Welt schaffen. Wir haben einige Modifizierungen dabei, die hoffentlich eine Hilfe sind. Ich bin recht zufrieden mit dem Tempo des Autos. Wir rangieren stets in der Top-10-Region. Im Augenblick sind wir in der Qualifikation wahrscheinlich ein bisschen besser als im Rennen. Schauen wir einmal, was letztendlich dabei herauskommt. Ich bin aber zuversichtlich, was dieses Wochenende anbelangt.

Rubens, du erwähntest bereits, den Kurs auf deinem Simulator zuhause ausprobiert zu haben. Wie fühlte sich das an?

Barrichello: Ich habe mir zuhause einen kleinen Simulator aufgebaut, weil ich im Internet mit unterschiedlichen Dingen herumfahre, was grossen Spass macht. Ich passe mich einfach an die Strecke an.

Massa: Er fährt sieben Stunden pro Tag.

Barrichello: Er fährt fünfeinhalb Stunden pro Tag. Wir treffen uns bei diesen Spielen und er war einer, der mich dazu gebracht hat. Deshalb tue ich das. Meine Frau ist wütend auf ihn, nicht auf mich.

Massa: Meine ebenfalls.

Barrichello: Ohne unsere Frauen werden wir ohnehin nie im gleichen Haus landen. Ich versuchte, das Formel-1-Spiel auf Indien anzupassen, was ziemlich gut war. Ich absolvierte einhundert Runden damit. Man konnte die Höhenwechsel erkennen, Kurve drei, wie sich die Strecke öffnet und dergleichen. Es war ziemlich nett. Das Team ist schon sehr gespannt, denn Pastor (Maldonado) widmete sich der Strecke im Williams-Simulator und unsere Zeiten waren unterschiedlich. Wir wollen sehen, welche Rundenzeit - seine oder meine - letztendlich näher dran ist. Vielleicht fährt er ja nach Hause, um Abu Dhabi zu fahren.

Mit welchen Rundenzeiten rechnest du?

Barrichello: Es wird sich im Bereich von hohen 1:26er- und niedrigen 1:27er-Zeiten bewegen.

Und was erwartet Pastor diesbezüglich?

Barrichello: Ich denke, im Williams-Simulator war er bei hohen 1:29er-Zeiten. Es gibt da aber kein richtig oder falsch. Das ist ja das lustige daran. Es war prima, um die Linien zu erlernen und zu sehen, wie das Auto auf die Strecke reagiert und dergleichen. Es wird hier etwas anders sein, denn die Strecke ist noch staubig, sollte sich bis zum Rennen aber immer weiter verbessern. Es ist etwa so wie in Südkorea. Am Freitag werden wir daher noch nicht das ganze Bild sehen.

Jarno, die indische Öffentlichkeit hoffte darauf, dass Karun Chandhok für das Team fahren würde. Es ist dem Rennstall aber sehr wichtig, dass die Stammpiloten im Auto sitzen...

Trulli: Ja, ich denke schon. Meiner Meinung nach versucht das Team, sich in die beste Position für die Zukunft des Rennstalls zu bringen. Das Team investiert sehr viel in die Zukunft, in die Saison 2012, um den Schritt ins Mittelfeld zu vollziehen. Ich denke, niemand von uns will die Möglichkeit verlieren, Platz zehn in der Gesamtwertung ins Ziel zu bringen. Das ist in meinen Augen der Hauptgrund, weshalb Karun keine weitere Chance erhält. Ganz ehrlich: Es steht mir nicht zu, darüber zu reden. Ich denke nur an das Rennen, nichts weiter.

Lotus ist ein sehr aktives Team. Konzentriert ihr euch bereits auf 2012? Habt ihr im Hinblick auf die neue Saison auf eine andere Rolle abgesehen?

Trulli: Nein, eigentlich nicht. Wir konzentrieren und schon jetzt auf das Auto für 2012. Wir haben einige neue Entwicklungen, die uns bei der Leistung einen Schritt nach vorne bringen sollten. Wir hoffen, das zu tun, was wir in diesem Jahr nicht geschafft haben oder nicht schaffen konnten. Wir hatten erwartet, im Mittelfeld zu kämpfen, was nicht ganz der Fall war. Ich denke, Tony (Fernandes) und alle anderen sind fest entschlossen, diesen Schritt zu machen. Wir arbeiten sehr hart am neuen Fahrzeug. Es bestehen einige Verträge, um 2012 ein gutes Paket am Start zu haben. Wir sind daher sehr zuversichtlich, dass es uns auch gelingt, diesen Schritt zu machen.

Du sprichst eher von einem Schritt als von einem Sprung?

Trulli: Das kommt darauf an. Wenn man sich gewisse Ergebnisse ansieht, dann müssen wir nicht unbedingt einen Sprung machen. Wir brauchen einfach nur einen weiteren Schritt, denn im Augenblick befinden wir uns in einer Situation, in der das Fahrzeug vor uns leicht schneller, das Auto hinter uns aber deutlich langsamer ist. Es braucht daher nur einen weiteren Schritt, um in das Mittelfeld vorzustossen. Wenn du über Rennsiege nachdenkst, ist das natürlich etwas ganz Anderes. Dann bräuchtest du einen grösseren Sprung, doch du musst Schritt für Schritt vorgehen. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut und das Team wurde erst vor zwei Jahren gegründet.

Felipe, das Team zeigte zuletzt einige gute Rennen. Was hältst du von den jüngsten Leistungen?

Massa: Nun, ich denke, es war okay. Wir hatten in den vergangenen Rennen nicht viele neue Teile am Start, also war das Auto zum Beispiel etwa auf dem Stand von vor vier Grands Prix. Es stimmt aber, dass der Rennwagen auf manchen Kursen etwas konkurrenzfähiger war als auf anderen Strecken. Im Vergleich zu Spa und Monza sahen wir auf den vergangenen beiden Bahnen etwas besser aus. Ich glaube, es kommt ganz auf das jeweilige Streckenlayout an. Vielleicht sind wir etwas konkurrenzfähiger, vielleicht wird es schwieriger. Wir werden sehen, wie es hier und in den darauf folgenden Rennen läuft. Ich hoffe, wir können viel Druck machen, um bessere Ergebnisse zu erzielen.

Welche Strecken passen zum Auto? Sind die zwei noch ausstehenden Kurse nach Indien genau die Art von Kursen, die das Fahrzeug mag?

Massa: Ich denke, das ist schwierig zu sagen. Bei manchen Strecken erwarteten wir nämlich, konkurrenzfähig zu sein, waren es aber nicht. Umgekehrt waren wir auf Kursen konkurrenzfähig, bei denen wir von einem schwierigen Stand ausgegangen waren. Das war zum Beispiel in Grossbritannien der Fall. Wir werden sehen. Es ist schwierig zu sagen.

Narain, auf deinen Schultern ruhen die Hoffnungen einer grossen Nation. Wie schwer wiegt all dies?

Karthikeyan: Nun ja, ich könnte so viele Dinge sagen. Realistisch ist mit diesem Auto wahrscheinlich, das Rennen zu beenden und den Teamkollegen zu schlagen. Wir können derzeit wohl nicht sehr viel mehr erwarten, denke ich. Es ist ein historischer und symbolträchtiger Augenblick, dass ein indischer Fahrer in der Startaufstellung steht. Natürlich gibt es schon ein grosses Publikum, das die Formel 1 bereits seit geraumer Zeit verfolgt. Es werden viele Fans vor Ort sein. Es wird schwierig sein, all das zu erklären, doch so ist es nun einmal. Ich möchte dieses Wochenende geniessen, viel Spass haben und werde versuchen, mein Bestmögliches zu tun.

Wie ist es derzeit um dein Gefühlsleben bestellt? Bist du sehr aufgeregt? Voller Vorfreude?

Karthikeyan: Ja, viele, tausende haben um Eintrittskarten gebeten. Ich muss jetzt einfach entspannen und ab Freitag wird alles anders sein. Dann sitzt du recht oft im Auto. Ich möchte die gesamte Atmosphäre geniessen. Meine Familie, alle werden sie da sein. Alle Sponsoren reisen an. Es wird ein grosser Tag für den indischen Motorsport. Die ersten Runden am Freitag werden sicherlich etwas Besonderes sein, ja.

Welche Unterstützung erfuhrst du aus Indien und von der indischen Industrie?

Karthikeyan: Seit meinen Tagen in der britischen Formel 3 wurde ich von der Tata-Gruppe unterstützt. Dabei handelt es sich um den grössten Konzern in Indien. Einige andere Sponsoren waren ebenfalls schon damals am Start. Sobald die Formel 1 erst einmal hier ist, ergibt sich eine grosse Möglichkeit für junge Fahrer und die gesamte Infrastruktur des Motorsports, um zu wachsen. Darauf freuen wir uns alle schon sehr. Indien ist anders als China. Hier bestand schon immer grosses Interesse an der Formel 1. Michael hat hier sicher Millionen von Fans. Die Formel 1 ist in Indien schon seit langer Zeit, seit 1993, live im TV zu sehen. Ich denke, es ist sehr gut für den Sport und die gesamte Motorsport-Gemeinde ist schon sehr, sehr aufgeregt.

Michael, Mercedes wurde bisher meist an vierter Stelle der Hackordnung gesehen, doch zuletzt schien das Team fast schon auf Position drei zu liegen. Dürfen wir in den letzten drei Rennen noch mit etwas mehr rechnen?

Schumacher: Ich denke, das hat vielleicht etwas mehr mit der Natur der Strecken zu tun, die uns mehr liegen als anderen. Deshalb könnten wir durchaus die Chance haben, um ein bisschen weiter nach vorne zu gelangen als Platz sieben oder Platz acht. Diese Strecke spielt uns vielleicht etwas in die Karten, was hilfreich sein könnte. Die Qualifikation ist üblicherweise immer schwierig, doch im Rennen schienen wir zuletzt stets etwas stärker zu sein. Finden wir es heraus.

Und wie lautet dein Eindruck im Hinblick auf Abu Dhabi und Brasilien?


Schumacher: Nun, darüber habe ich bisher noch nicht nachgedacht. Beschäftigen wir uns doch erst einmal mit diesem Rennen hier.

Es gab reichlich Wirbel um den Frontflügel, den ihr beim vergangenen Rennen im Einsatz hattet. Wie war es für dich als Fahrer? Konntest du einen Unterschied feststellen?

Schumacher: Perfekt.

Perfekt? Kann man daran nichts mehr verbessern?

Schumacher: Ganz ehrlich: Wir nutzten keinen anderen Frontflügel. Es war so gut wie davor.

Es gab also keine Veränderung?

Schumacher: Nein.

Warst du vorher schon einmal in Indien? Narain Karthikeyan erwähnte es bereits: Du scheinst hier sehr viele Fans zu haben. Wie gross ist das Interesse aus deiner Sicht?

Schumacher: Ich kam erst am Mittwoch hier an und war quasi noch nicht in der Stadt, hatte also auch noch keinen Kontakt zur Öffentlichkeit. Während des Wochenendes möchte ich mir das aber einmal etwas intensiver anschauen. Wenn wir schon die Möglichkeit und die Chance haben, in andere Länder zu reisen, dann möchte ich meist auch etwas mehr von dem jeweiligen Land sehen. Bisher haben mich alle Menschen sehr herzlich begrüsst. Das ist schön. Am Donnerstagmorgen hatten wir gemeinsam mit Mercedes eine Pressekonferenz. Das Interesse der Medien war gross. Ich freue mich sehr auf das Wichtigste. Es ist eine neue Strecke für uns und das ist immer eine grosse Herausforderung. Noch viel wichtiger ist aber, wie wir mit dem Sport, den wir alle lieben, in diesem neuen Land aufgenommen werden. Wie viel Gefallen finden die indischen Fans an dem, was wir tun? Wir hoffen einfach, dass wir sie möglichst gut unterhalten können.

Michael und Adrian, wenn ich richtig liege, war keiner von euch in den letzten Rennen in Q3 dabei, auch wenn ihr es in die Top 10 schafft. Gibt es Gründe dafür? Nehmen die Autos die Reifen etwas zu hart ran oder braucht ihr mehr weiche Pneus, um diese letzte Hürde zu meistern? Was sind die wahren Gründe?

Schumacher: Ich denke, ich war nur beim vergangenen Rennen nicht in Q3 dabei. Vermutlich lag es daran, dass wir einen schlechten Reifensatz erwischt hatten. Ich war nicht zu lange draussen oder zu... Mit weichen Reifen verbesserte ich mich nur um ein Zehntel, obwohl normalerweise fast eine Sekunde drin ist. Ich hatte schon auf meiner Aufwärmrunde einige Probleme gespürt. Ich dachte aber, dass ich es in der Hand hätte, damit umzugehen. Generell ist unsere Leistung gut für den siebten oder achten Platz. Das ist auch unser Fixpunkt für die Qualifikation. Im Rennen können wir gelegentlich besser abschneiden, wenn alles richtig läuft. Ähnliches, vielleicht ein bisschen mehr, erwarte ich für dieses Wochenende.

Sutil: Nun, für mich war die Qualifikation ein bisschen besser, doch auch uns stellt die Ausdauer der Reifen im Rennen vor Probleme. Wie ich vorhin schon sagte: Beim jüngsten Grand Prix hatten wir aber auch keine gute Balance. Wir werden daher versuchen, diesen Punkt zu verbessern. In Singapur und Suzuka sahen wir im Rennen sehr stark aus und waren konkurrenzfähig. Es hätte besser sein können, doch wir wurden vom Safety-Car glatt auf dem falschen Fuss erwischt. Das ist der Hauptgrund, weshalb ich die Punkte verloren habe. Ich halte unser Auto aber auch in der Qualifikation für ziemlich konstant. Im Rennen sind wir manchmal etwas besser als im Zeittraining - oder auch andersherum. Es gibt aber nichts, worum man sich Sorgen machen müsste.

Felipe, wie lauten deine persönlichen Ziele und die Ziele des Teams für die letzten drei Rennen? Konzentriert ihr euch mehr auf das Punkten und Siegen oder eher schon auf die Entwicklung des neuen Autos?

Massa: Beides, denke ich. Wir konzentrierten uns auf die drei letzten Rennen. Das Ziel ist immer, um das Treppchen zu kämpfen, und zu versuchen, ob wir nicht sogar ein Wörtchen um den Sieg mitreden können. Das ist stets, worauf wir es abgesehen haben. Es mag nicht einfach sein, doch wir schlagen immer diesen Weg ein. Wir arbeiten schon jetzt sehr hart auf das neue Jahr hin, entwickeln das Auto und setzen alle Ideen dafür um. Wir wollen alles sichten, mit dem wir 2011 nicht so sehr zufrieden waren, um das neue Fahrzeug stärker zu machen. Der Großteil des Teams arbeitet bereits sehr intensiv auf das neue Jahr hin. Es ist nun aber auch sehr wichtig, alle guten Punkte für die Entwicklung 2012 zusammenzustellen.

Narain, die Strecke ist ziemlich staubig. Auf der Linie wird es sicherlich Grip geben, abseits davon bleibt aber wohl der Schmutz. Könnte Überholen unter diesen Umständen ein Problem werden, wenn man den Heckflügel flachgestellt hat?

Karthikeyan: Nun, abseits der Linie wird es sicherlich schmutzig bleiben. Du musst einfach sehen, wo der beste Grip ist, und dann einen Versuch wagen. Für uns ist das grosse Problem, dass man beim Überrundenlassen von der Linie weg muss. Schauen wir einmal, wie es läuft. Die Strecke wird sich dramatisch entwickeln. Wir müssen erst einmal abwarten, wie das Gripniveau aussieht.

Michael, die Meisterschaft ist schon entschieden und in den vergangenen Wochen hatten wir zwei schwere Unfälle. Denkst du, die Versuchung ist da, dass es die Fahrer am Wochenende ruhig angehen lassen?

Schumacher: Ich glaube nicht, dass wir während der Fahrt darüber nachdenken, dass wir uns selbst in Gefahr bringen. Zunächst einmal fühlen wir uns wohl dabei, die Autos ans Limit zu bringen. Deshalb sind wir immer bestrebt, genau das zu tun. Das wird auch an diesem Wochenende der Fall sein. Totale Sicherheit wird es nicht geben - in keinem Bereich des Lebens. Ja, im Motorsport sind die Risiken grösser und ja, die Formel 1 ist wahrscheinlich die schnellste weltweite Rennserie. Gleichwohl wurde die Sicherheit wesentlich verbessert. Man muss sich nur einmal ein Projekt wie diese Strecke hier ansehen, wo es grosse Auslaufzonen gibt. Der Sicherheits-Standard ist hier gewisse sehr hoch. Wenn darüber hinaus etwas passieren sollte, dann würde ich das Schicksal nennen. Uns alle erwartet früher oder später ein gewisses Schicksal. Es berührt mich sicherlich sehr, was den beiden Piloten, die wir verloren haben, widerfahren ist, aber leider musst du dazu sagen: So läuft es im Leben.

Michael, Narain Karthikeyan sagte es bereits: Du hast hier in Indien Millionen von Fans, was aber auch für die restliche Welt zutrifft. Wie wichtig ist es für dich, im kommenden Jahr wieder zu siegen? Wie bedeutsam ist es für Mercedes, dir ein gutes Auto hinzustellen?

Schumacher: Ich denke, das ist für alle von uns sehr wichtig, denn deswegen sind wir hier. Jeder im Team kennt den Geschmack von Siegen und Titelgewinnen. Aus diesem Grund sind wir hier, um genau das zu tun. Uns ist klar, dass es aus unserer aktuellen Situation heraus nur nach vorne gehen kann. Wir sind konzentriert und schieben keine Panik. Wir bauen etwas für die Zukunft von Mercedes auf und hoffen, die Früchte lieber früher als später zu ernten. Es gibt aber gewisse Grenzen, was du tun kannst. Das musst du auch akzeptieren. Genau das tun wir im Augenblick.

Wir stehen vor dem Renndebüt in Indien. In den vergangenen Jahren war die Formel 1 oft an neuen Strecken, doch dieses Mal erobert sie beinahe einen neuen Kontinent. Fühlt es sich wirklich so anders an? Was waren die grössten Unterschiede, die euch bislang aufgefallen sind? Habt ihr tatsächlich den Eindruck, dass die Formel 1 hier Neuland betritt?


Barrichello: Ich würde schon sagen, ja. Es ist klasse, dass die Formel 1 expandiert und neue Orte aufsucht. Ich hatte in meiner langen Karriere bislang zum Beispiel nie die Chance, Indien zu besuchen. Es ist klasse, dass ich das mit meinem Sport und meinem Beruf tun kann. Bislang war es ein schöner Trip. Es ist eine tolle neue Erfahrung. Es ist prima, dass die Formel 1 auch versucht, in die Vereinigten Staaten zurückzukehren. Für uns bedeutet das noch mehr Reisen, doch die Formel 1 ist in meinen Augen ein weltweites Business. So muss es auch sein.

Trulli: Jeder einzelne neue Kurs und jedes Land, das wir besuchen, ist ganz sicher ein Durchbruch für die Formel 1. Die Formel 1 ist nicht nur ein Sport oder Motorsport, es ist auch ein Business und bringt darüber hinaus eine Botschaft in die Länder, die wir besuchen. Es ist daher sehr wichtig, zu expandieren. Die Formel 1 entwickelte sich in den vergangenen fünf Jahren sehr gut, denke ich. Wie wir hören, werden wir bald zwei Grands Prix in den USA haben, was sehr wichtig ist, wie wir alle wissen. Es ist wichtig für die Hersteller und für die Formel 1, die in den USA nie einen besonders hohen Stellenwert hatte. Die Formel 1 möchte aber in jedem Land sein und meiner Meinung nach will jedes Land auch ein Formel-1-Rennen veranstalten. Es ist für beide Seiten sehr wichtig.

Michael, wir haben hier die weichen und die harten Reifen am Start. Es ist eine neue Strecke und die harten Pneus kommen erstmals seit Silverstone wieder zum Einsatz. Wie schätzt du den Reifenverschleiss auf dieser Strecke ein?

Schumacher: Nun, das dürfte an diesem Wochenende für alle von uns ein sehr interessantes Thema werden. Neuer Asphalt und neue Strecken haben ihre ganz eigene Natur und einen ganz eigenen Charakter. Es wird ziemlich spannend sein, herauszufinden, ob die Reifen gut passen. Pirelli schlug bei der harten Mischung einen sicheren Weg ein, der das Fahren auf diesem Pneu vielleicht sehr unterhaltsam macht. Die Streckentemperatur muss dafür im richtigen Fenster sein, dass man den Reifen auch nutzen kann. Einmal muss diese Pneuvariante im Rennen auf jeden Fall verwendet werden. Dann sollte es optimal passen. Es dürfte auf jeden Fall eine grosse Herausforderung für alle von uns darstellen, die Entwicklung über das Wochenende, mögliche Kursveränderungen und die Nutzung der Reifen für die Strategie und das Setup vorherzusehen. Niemand kennt diese Strecke, also hat niemand die Antworten für diese Fragen parat. Alle werden hinausfahren und versuchen, ihre Antworten zu erhalten.

28.10.2011