Vettel hin und weg nach Monza-Sieg

Vettel zeigte erstmals Emotionen:

Sebastian Vettel verdrückte auf dem Podium ein paar Tränen

Als Sebastian Vettel auf dem Podium stand und von der obersten Stufe auf die zahlreichen Fans unter sich blickte, da konnte sich der amtierende Weltmeister ein paar Tränen nicht verkneifen: "Ich bin wirklich hin und weg. Das war heute unglaublich."

Für ihn bedeutet der Sieg in Italien eine Menge: "Die Gefühle und Erinnerungen, die in mir hochgekommen sind, waren beim Überfahren der Ziellinie unglaublich. Nach meinem ersten Sieg hier im Jahr 2008 heute hier wieder zu siegen, ist etwas ganz besonderes. Für uns ist es ein ganz, ganz grosser Tag. Ich bin überglücklich. Mit den Erinnerungen an 2008, meinem ersten Rennen, das ich hier in der Formel 1 gewonnen habe, war es einfach etwas Spezielles", so der Red-Bull-Pilot. "Gerade auch nach den vergangenen zwei Jahren, in denen wir mit Red Bull immer stark waren, es hier aber nie ganz gereicht hat. Wir waren ein bisschen schwach auf der Brust und zu langsam. Wir konnten nicht auf das Podium fahren. Dieses Jahr war der Hammer, die Balance hat das gesamte Rennen über gestimmt. Sobald ich erst einmal vorne lag, konnte ich richtig Dampf machen und attackieren und eine ziemlich große Lücke herausfahren, von der ich bis zum Schluss profitiert habe."

Trotz allem kann dieser Sieg nicht mit seinem Jungfernsieg im Toro Rosso vor drei Jahren mithalten: "Ich glaube, der Erste ist immer etwas besonderes. Ich glaube, es kann jeder für sich beurteilen, wie es sich beim ersten Mal anfühlt (lacht). Es war heute aber auf jeden Fall etwas besonderes, nach einer ziemlich langen Durststrecke für Red Bull und Renault hier auf dieser Strecke wieder ganz vorne zu sein. Angesichts der Tatsache, dass wir hier in den vergangenen zwei Jahren immer zu dünn waren und zu wenig Schmackes hatten, war dies die perfekte Antwort."

Schon in der Qualifikation habe er mit seiner überraschend überlegenen Pole-Position den Grundstein zum Sieg gelegt: "Gestern haben wir den Anfang, den wirklich wichtigen Schritt vollführt. Wir haben uns von Anfang an auf das Rennen konzentriert, da wir wussten, dass dieses Wochenende für uns nicht das einfachste wird, dass wir uns schwertun würden, da die anderen in den vergangenen Jahren doch sehr schnell waren. Gestern hat alles trotz des aggressiven Setups für das Rennen gepasst. Heute war das Fahren ein Traum." Wenn es am Rennen des Heppenheimers überhaupt etwas zu kritisieren gab, dann war es der Start, bei dem er zunächst auf die zweite Position hinter Fernando Alonso zurückfiel: "Wenn man von vorne los fährt, möchte man auch dort bleiben. Wenn es jemand schafft, von Platz vier zu kommen und dann vorbei zu gehen, dann gibt es meiner Meinung nach schon noch etwas zu verbessern. Wir müssen uns dies anschauen, ich war damit nicht zufrieden. Ich hatte zu stark durchdrehende Räder und habe dann verloren. Da es ein weiter Weg bis zur ersten Kurve ist, kostet dies viel."

Immerhin verkam das Rennen so für den Deutschen nicht zur langweiligen Prozession: "Das Überholmanöver danach hat viel Spass gemacht. Es war ziemlich eng, ich war mit zwei Rädern auf dem Gras. Aber es hat alles gepasst. Von da an hatten wir freie Fahrt und konnten den Speed umsetzen." Seinen Weltmeister-Kollegen hatte sich Vettel dabei regelrecht zurecht gelegt, um ihn dann in einer schnellen Rechtskurve aussen herum mit zwei Rädern auf dem Gras zu überholen: "Das wichtigste war zunächst einmal, dass ich aus der ersten Schikane gut rauskomme. Ich hatte schon in der Runde zuvor gemerkt, dass ich mich aus der vierten Kurve hinaus zur Schikane im Windschatten gut ansaugen kann. Ich habe gemerkt, dass ich in der nächsten Runde viel näher dran war, hatte einen viel besseren Ausgang aus der Schikane, ich hatte eine gute Traktion. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich links oder rechts vorbeigehen sollte. Gehe ich rechts vorbei, dann hat er immer noch die innere Bahn. Dann würde er es irgendwie schaffen, das Auto mit der Handbremse noch in die Kurve zu schmeissen. Also habe ich gedacht, dass ich links vorbeigehen sollte. Ich glaube, er hat mich am Anfang nicht gesehen. Ich bin mit zwei Rädern auf das Gras, bin aber voll auf dem Pin geblieben und wir sind dann Seite an Seite auf die Schikane zugefahren. Das war das Entscheidende."

Fünf Weltmeister auf den ersten fünf Plätzen, das war wirklich eine bemerkenswerte Sache, die auch zu zahlreichen packenden Zweikämpfen führte: "Das Niveau ist sehr hoch. Wenn gekämpft wird, sieht man teilweise, dass sehr hart gekämpft wird. Aber meistens gibt es noch ausreichend Platz, man gibt dem anderen genauso viel Luft, wie er braucht." "Ich glaube, der Michael kann da auch ein Lied davon singen. Wenn man ein paar Fahrer herausnimmt, dann weiss man, dass man von ihnen gesehen wird und man von ihnen auch den notwendigen Platz bekommt, dass man respektiert wird. Dann lässt sich auch ganz anders an die Sache herangehen. Und dann gibt es ein paar Kandidaten, bei denen man vielleicht lieber zurücksteckt, die Sache ein bisschen anders angeht."

Rechnerisch kann Vettel bereits beim kommenden Rennen in Singapur Weltmeister werden, doch daran denkt er noch nicht: "Wenn man zu viel erwartet, gibt es auch die Möglichkeit, dass man enttäuscht wird, wenn man die Erwartung nicht erfüllt. Wir müssen uns nicht verrückt machen. Wir befinden uns in einer guten Position, und wir werden alles versuchen, um wieder vorne zu sein. Vergangenes Jahr hatte Fernando die Nase knapp vorne. Ich hoffe, dass es dieses Mal ohne Patzer im Qualifying klappt."

11.9.2011