Boxengassen-Ausfahrt: Die Rennleitung reagiert

Sebastian Vettel und die Kollegen

werden vor herannahenden Rivalen gewarnt

Im zweiten Freien Training kam es am Ende der langen Zielgeraden zu einer gefährlichen Situation: Jaime Alguersuari (Toro Rosso) fuhr aus der Boxengasse heraus, als Nico Rosberg (Mercedes) nach einem missglückten Bremsmanöver auf nassem Asphalt über den Scheitelpunkt hinaus und in den Rennwagen seines Fahrerkollegen hineinrauschte. Zum Glück gab es "nur" kleine Materialschäden.

Allzu leicht könnte ein Unfall dieser Art aber weitreichendere Folgen haben, weshalb die Rennleitung um Charlie Whiting im Anschluss an das Fahrerbriefing vom Freitag reagierte: Auf Bitten der Piloten werden die Protagonisten auf der Strecke künftig per Lichtsignal darüber informiert, ob sich ein Rivale in der Yeongam-Boxengasse befindet. Die Vorwarnung soll helfen, Zwischenfälle zu vermeiden.

"Da kam einfach alles zusammen"

Das eigentliche Problem, die gefährliche Einmündung der Boxenausfahrt, ist damit aber noch nicht beseitigt. "Man sollte aber schauen, ob man die Ausfahrt nicht etwas anders gestalten könnte", meint Rosberg, der keine Chance gehabt hatte, Alguersuari noch auszuweichen. "Da kam einfach alles zusammen", erläutert der Deutsche. "Er kehrte genau im falschen Moment auf die Strecke zurück." Von einer Schuldzuweisung sieht auch Alguersuari ab: "Ich hatte Nico kaum gesehen. Ich spürte einfach nur die Berührung und dachte, er sei zu spät in die Eisen gestiegen", berichtet der Spanier und merkt an: "Wir können die Strecke nicht verändern, aber immerhin Unfälle verhindern, indem wir die Fahrer auf der Strecke warnen, dass ein Fahrzeug in der Boxengasse ist. Das wird helfen. Wir baten in der Fahrerbesprechung um eine solche Lösung. Das Beste ist, es so wie in Monte Carlo zu machen, und ein Signal zu zeigen. Als Nico nämlich an seinem Bremspunkt war, konnte er mich nicht sehen. Es geht also darum, den Fahrer auf den anderen Rennwagen aufmerksam zu machen, bevor er ihn sieht", sagt Alguersuari. Dass es so weit kommen muss, stösst findet kaum Anklang.

Signalhilfen für die Fahrer

"Es ist schon etwas frustrierend, dass wir auf einer brandneuen Strecke auf derartige Probleme stossen", erklärt Mercedes-Teamchef Ross Brawn. "Man muss nur einmal schauen, wie viele Autos auf nasser Strecke just an dieser Stelle geradeaus fuhren. Es waren sicherlich 20 bis 30 Ausflüge. In dieser speziellen Situation waren weder Alguersuari noch Rosberg schuld", hält der Brite fest. "Es ist einfach nur eine Konsequenz der Boxenausfahrt. Damit müssen wir wohl leben. Besonders im Rennen wollen wir den Piloten aber eine Hilfestellung bieten. Im Training ist es etwas schwieriger, denn die Autos halten dann gerne einmal an und machen noch Probestarts. Du kannst dann nicht immer exakt vorhersagen, wann wer wo auftauchen wird. Wir versuchen aber, den Piloten zu helfen. Ideal ist das aber nicht", betont Brawn. "Es lag quasi in der Luft, dass so etwas passieren würde", ergänzt Christian Horner. "Schade, dass da bisher noch nichts unternommen wurde. Immerhin wurde die Sicht bei der Einfahrt in die Boxengasse verbessert, indem man die Mauer etwas zurückversetzte. Alles kriegt man aber für dieses Wochenende wahrscheinlich nicht auf die Reihe", meint Horner.

Yeongam sollte für 2012 nachrüsten

"Hoffentlich geschieht das dann bis zu unserem nächsten Besuch", fügt McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh hinzu. Ähnliches wünschen sich wohl auch die Piloten, denn nicht nur Witali Petrow (Renault) hält den Status Quo für "sehr gefährlich" und schliesst sich seinen Vorrednern an: "Ich denke, die Fahrbahn sollte einen grösseren Bogen machen, um auf der sicheren Seite zu sein."

"Man kann sich ja vorstellen, was im Rennen auf nasser Strecke passieren könnte, wenn ich mein Auto verliere. Ich würde aufgrund von Bremsproblemen oder dergleichen mit 300 km/h in das andere Fahrzeug knallen. Für den Fahrer im anderen Auto wäre das sicher kein Spass. So ist es einfach zu gefährlich", findet der Russe. Auch Adrian Sutil (Force India) ist kein Fan dieser Ausgangslage.

"Die Boxenausfahrt hätte man schon um einiges besser machen können, aber auch die Einfahrt in die Box ist nicht glorreich. Leider hat sich seit dem vergangenen Jahr nicht viel geändert. Abgesperrt und wieder aufgesperrt. Ich hätte auch gedacht, dass dieses Jahr alles tiptop ist", wird der Deutsche vom 'SID' zitiert. Landsmann Timo Glock (Marussia-Virgin) sieht indes "kein Problem" bei der Ausfahrt.

Gute Sicht, schlechte Sicht?

"Nico war etwas spät auf der Bremse und Alguersuari war einfach im falschen Moment an der falschen Stelle der Strecke", beschreibt Glock den Zwischenfall aus seiner Sicht, merkt aber an: "Die Boxenausfahrt ist sicher nicht perfekt. Wir haben das Thema bereits 2010 angesprochen. Seitdem wurde aber nichts verändert, weshalb ich nicht gross erwarte, dass dieses Mal etwas passiert."

Jenson Button (McLaren) sieht nur bedingt Handlungsbedarf. "So etwas kann auf vielen Strecken passieren", sagt der Ex-Champion. "Es hängt immer vom Mann mit der blauen Flagge ab, der sie schwenkt, und vom Mann, der aus der Box fährt und schauen muss, ob jemand auf der Geraden herannaht. Normalerweise sieht man ihn hier auf dem Weg in die erste Kurve", erklärt Button. Lewis Hamilton (McLaren) ist anderer Meinung: "Wenn man die Boxen verlässt, dann weiss man nicht, wer die erste Kurve anfährt - man sieht es nicht", meint der Brite. "Man nimmt seine normale Linie und wenn irgendjemand gerade aus der Kurve kommt, dann kann es zu einer Kollision kommen. Du siehst ihn nicht und er hat ebenfalls kaum Zeit, um dich zu sehen. Die Boxenstrasse ist definitiv nicht gut."

14.10.2011