Haug kündigt Schritt nach vorn an

Norbert Haug möchte mit "schwäbischer Effizienz"

zum Erfolg finden

Der Mercedes-Motorsportchef über die Aufbruchstimmung in Südkorea, die Chancen für Mercedes im Rennen und die gewollten Verbesserungen für die Zukunft.

Frage: Sie waren zwischen den Rennen in Japan und hier in Südkorea in der Hauptstadt von Südkorea, in Seoul. Welchen Eindruck haben Sie denn von diesem Land, sehr viele waren ja freiwillig noch nicht hier.


Norbert Haug: Hier waren ja immerhin die Olympischen Spiele, da waren vielleicht doch welche da, auch viele Journalisten-Kollegen. Ich bin beeindruckt von dem Land. Hier bewegte sich ordentlich was. Die Freundlichkeit in Seoul ist grandios. Wir waren im Nationalmuseum von Korea. Wir haben ja selten die Gelegenheit, einen kulturellen Abstecher zu machen, weil die Zeit nicht da ist. Wir haben auch viel von Land und Leuten gesehen, es gibt eine totale Freundlichkeit. Hier pulsiert das Leben, hier wird etwas bewegt. Es ist nicht so, dass wir zu Hause meinen müssen, in allen Disziplinen vorne zu sein. Hier habe ich so viele S-Klassen auf einer Stelle gesehen wie selten irgendwo - also zumindest mehr als in Stuttgart.

Spürt man auch das Interesse der Leute? Wir sind hier vier Autostunden von Seoul entfernt und hier kann man nicht sagen, dass das Leben pulsiert. Aber so ein bisschen Interesse haben die Leute schon.


An das Thema muss man etwas offensiver ran. Im letzten Jahr war es hier voll bei der Premiere, in diesem Jahr wird es mehr sein. Heute wird es regnen, es fahren weniger, weil es voraussichtlich morgen und übermorgen nicht regnen wird. Daher übt man da nicht gross. Aber wenn man bei der Premiere ein volles Haus hat und im Jahr darauf noch ein volleres Haus hat, dann sagt das sehr viel, dann ist auch Interesse da. Natürlich kenne ich viele, die sich beklagen über die Beschwerlichkeit, hierher zu kommen. Aber wenn sich die Formel 1 nur zwischen Hockenheim und Nürburgring abspielen würde, wäre das bequemer für uns beim Reisen, aber es würde sie nicht mehr geben. Wenn man nicht reisen mag, dann ist das ok. Was tatsächlich hier von den Teams geleistet wird, welche Seefracht umhergeschickt wird. Die Jungs müssen wirklich schuften. Meiner Meinung nach ist es immer richtig, diese Expansion voranzutreiben.

Wie sind ihre Erwartungen für dieses Wochenende? Vor einem Jahr lief es hier ja nicht schlecht, Michael Schumacher ist Vierter geworden, Nico Rosberg wurde leider von Mark Webber abgeschossen.

Im letzten Jahr ist ja Sebastian (Vettel) in Führung liegend ausgefallen und Alonso hat gewonnen. Aber Nico war, als er abgeschossen wurde, noch vor dem Alonso. Wer weiss, was daraus geworden wäre. Aber so geht es manchmal. Jetzt werden die Supersoft- und Soft-Reifen gefahren. Morgen früh gibt es dann eine Stunde Zeit, das abzustimmen und sich aufs Qualifying vorzubereiten. Das ist enorm schwierig. Die besten Autos haben es da sicherlich am einfachsten. Für uns wird es sehr, sehr schwer sein, in der Kürze der Zeit eine gute Abstimmung zu finden. Wir müssen das versuchen, was wir in den letzten Rennen hingekriegt haben. Wir haben drei Top-Teams, das sind sechs Autos. Alles was besser ist als Platz sieben, ist gut. Das ist unser momentanes Treffergebiet, das haben wir drei Mal in vier Rennen geschafft und das wollen wir fortsetzen.

Michael Schumacher schlägt sich im letzten Drittel der Saison bisher sehr gut, er hat ganz schön aufgeholt bei den WM-Punkten, liegt nur noch drei Zähler hinter Nico Rosberg. Haben Sie das Gefühl, er fühlt sich in dem Auto allmählich richtig wohl?

Ich glaube, er hat sich im Team von Anfang an wohlgefühlt. Aber klar ist, dass auch er nach drei Jahren Pause eine gewisse Anpassungszeit braucht. Ich finde, er macht es hervorragend, er treibt das ganze Team an. Wir haben eine hervorragende Fahrerbesetzung, wir haben eine hervorragende Moral. Wenn es Moralpunkte gäbe, dann wären wir ganz vorne. Und die Moral ist die Basis dafür, dass man technisch nach vorne kommt. Unser Motor ist ok, unsere Boxenstopps sind die besten, unsere Strategien sind die besten, unser KERS ist ok. Wir müssen für das nächste Jahr das Chassis verbessern und dann noch einen Schritt machen. Es geht nicht in einem Jahr von vier auf eins, aber wir wollen und werden einen Schritt machen. Wir bei Mercedes stellen uns dem Wettbewerb. Andere haben das ein paar Jährchen gemacht, viel Geld ausgegeben und vielleicht nicht das Beste daraus gemacht. Wir sind auch da nachhaltig lange dabei und zwar mit schwäbischer Effizienz: mit weniger Geld als die anderen, aber hoffentlich am Ende doch mit mehr Erfolg.

14.10.2011