Maybach-Produktion wird eingestellt

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Und wieder wird ein gigantischer Marketingflop zu Grabe getragen: Der Maybach von Mercedes ist ab sofort nur noch Geschichte. Mercedes stellt die Produktion des verlustreichen Fahrzeugs ein. Was ist falsch gelaufen?

Ich fragte einmal den Privatchauffeur eines Maybach-Besitzers aus der Innerschweiz, welcher Grund für seinen Boss massgebend gewesen sei, einige Hunderttausend Franken mehr auszugeben für ein Auto, das letztendlich doch nur wie ein «grosser» Mercedes aussehe und - abgesehen von einigem Schnickschnack - kaum mehr bietet als ein voll ausgerüsteter S-Klasse-Mercedes? Wie aus der Pistole geschossen antwortete der junge Mann: «150 cm mehr Beinfreiheit!» Das mag ja zutreffen, aber wozu braucht ein knapp 165 cm grosser Mann so viel Beinfreiheit, die er notabene auch bei einer verlängerten S-Klasse-Limousine erhalten hätte? Das sind für Leute, die sich einen Maybach leisten konnten, ausserirdische Fragen.

Dennoch liegt genau hier des Pudels Kern begraben: So luxuriös und technisch vollkommen auch immer der Maybach gewesen sein mag, äusserlich stellte das in der klassischen Formensprache von Mercedes designte Nobelfahrzeug nichts anderes dar als die überlange Schwester der S-Klasse von Mercedes Benz.

Da hätte Mercedes von BMW lernen können. Nach der Übernahme der Nobelmarke Rolls Royce wurden die britischen Nobelkutschen neu gezeichnet. Doch wer erwartet hatte, dass nun ein gigantischer BMW im Kleid eines übergrossen 7-er BMW's mit der guten alten Emily auf der Kühlerhaube durch die Landschaft brausen würde, staunte nicht schlecht, als die ersten Phantomzeichnungen der neuen Rolls Royce-Modelle durchs Internet geisterten. Ein riesiges Gartenhaus auf vier Rädern, das allen aerodynamischen Erkenntnissen der letzten 100 Jahre mit einem ebenso riesigen Kühler die Stirn bietet. Grauenhaft auf den ersten Blick, aber von aussen durch und durch ein Rolls Royce, wenn auch innerlich mit BMW-Technik vollgestopft. Und während Rolls Royce nach der Übernahme von BMW jährliche Verkaufserfolge vermeldete, gings mit der Nobelmarke von Stuttgart nur noch bergab.

Luxus Pur - vom Stoffverdeck über dem Fondabteil bis zum Lammfell für die Füsse - wird also schon bald der Vergangenheit angehören. Grund genug um einen Blick auf die Geschichte des traditionsreichen Edel-Herstellers zu werfen. Daimler-Chef Zetsche gab in der vergangenen Woche das Aus der Marke bekannt. Zuvor wurde monatelang über den Bau einer zweiten Generation bei der britischen Luxusmarke Aston Martin diskutiert. Jetzt steht fest: Mercedes wird die neue Luxusmarke. Die beiden Maybach-Modelle sollen aber noch bis 2013 verkauft werden.

«Es wäre nicht sinnvoll, ein Nachfolgemodell für den jetzigen Maybach zu entwickeln», sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Zetsche räumte im Gespräch mit der "FAZ" ein, dass die Wiedereinführung der Marke 2002 unterm Strich ein Verlustgeschäft war. Die geplanten Stückzahlen konnten nie erreicht werden. Das Auto soll nun weiterverkauft werden, bis im Jahr 2013 die neue S-Klasse-Generation auf den Markt kommt.

Maybach seit 2002 Luxus-Sparte von Daimler

2002 führte Daimler die Nobelmarke mit den beiden Modellen Maybach 57 und Maybach 62 wieder ein. Rund 405.000 Euro respektive 545.000 Euro müssen Kunden für die exklusiven Luxusmodelle hinblättern. 2005 folgten die S-Versionen der beiden Modelle, die sich mit mehr Leistung und sportlichen Modifikationen auszeichnen. Im selben Jahr stellte Maybach auch den Exelero vor, ein Konzeptfahrzeug auf Basis des 57 S. Ganze acht Millionen Dollar kostete damals das atemberaubende Coupé, das Maybach im Auftrag von Fulda bei der italienischen Karosserieschmiede Stola fertigen liess. Seit 2008 bietet der Luxus-Hersteller auch eine besonders exklusive Version des Maybach 62 S an. Das Landaulet ist eine Limousine mit einem Stoffverdeck über dem Fondabteil und wird von Maybach nur auf Nachfrage gebaut.

2010 folgte dann das erste Facelift der Luxus-Limousine. Zuvor präsentierte Maybach auf dem Genfer Auto Salon 2009 in Anlehnung an den Maybach Zeppelin aus den 30er Jahren eine auf 100 Exemplare limitierte Zeppelin-Version. Seine Passagiere verwöhnt das exklusive Modell unter anderem mit echtem Lammfell für die Füsse und einer Flakon-Beduftungsanlage, die auf Knopfdruck erlesene Parfüms im Innenraum versprüht. Das Kernstück des Zeppelin ist allerdings die von innen beleuchtbare Acrylglaskugel auf der Fond-Mittelkonsole.

Der Kompass, der gen Mekka zeigt

Auf der IAA 2011, also nur wenige Monate bevor das Aus der Marke verkündet wurde, präsentierte Maybach zum 125-jährigen Jubiläum des Automobils ein Einzelstück mit dem Namen Edition 125. Mit dem Sondermodell präsentierte der Hersteller die zahlreichen neuen Individualisierungsmöglichkeiten wie zum Beispiel das beleuchtete Maybach-Logo und die neuen Zierelemente und Felgen.

Bei Maybach legte man seit jeher grossen Wert aufs Detail, exklusive Kundenwünsche bleiben nicht ungehört. Erwähnenswert: Der Kompass in der Mittelkonsole. Dieses Instrument ist gerade im arabischen Raum sehr beliebt, da es nicht einfach nur Richtung Norden sondern Richtung Mekka zeigt. Noch mehr Exklusivität verspricht der Sonderkarosseriehersteller Xenatec, der aus dem Maybach 57 S ein Coupé macht. Im Oktober 2011 musste das Unternehmen jedoch Insolvenz anmelden.

Seit der Wiedereinführung 2002 wurden rund 3.000 Exemplare der Luxus-Limousine in Sindelfingen gebaut. Das Aus der Marke solle nach Aussage von Zetsche keine Entlassungen nach sich ziehen, denn die Kompetenzen werden für die "Offensive mit Stern" benötigt. Bis 2020 will Daimler der führende Hersteller im Oberklasse-Segment werden. Richten soll das vor allem die neue S-Klasse, mit der der Konzern ab 2013 das Luxus-Segment abdecken will. Die neue Generation der Limousine soll es in drei Radständen geben - damit zielt der Autobauer aus Stuttgart vor allem auf den asiatischen Markt.

Maybach und Daimler schon immer verbunden

Mit dem Aus der Maybach-Manufaktur endet auch eine jahrzehntelange, gemeinsame Geschichte der beiden Hersteller. Die beiden Automobilpioniere Wilhelm Maybach und Gottlieb Daimler arbeiteten gemeinsam an der Entwicklung des Verbrennungsmotors und des ersten Automobils. Die Erfindung des Spritzdüsenvergaser und des ersten Vierzylindermotors gehen auf das Konto von Maybach. Seit 1909 trieben Maybach-Motoren einige Luftschiffe von Graf Zeppelin an, von 1921 bis 1941 verkaufte Maybach luxuriöse Automobile. Bis 1941 wurden insgesamt rund 1.750 Maybach gefertigt ehe die Produktion auf Kriegsgerät umgestellt wurde.

Im Jahr 1960 übernimmt Daimler-Benz dann die Maybach-Motorenbau GmbH und die Markenrechte. Es sollten nochmals mehr als 40 Jahre vergehen, bis wieder ein Automobil unter dem Namen Maybach das Licht der Welt erblickte. Bis die neue S-Klasse ab 2013 mit sechs Varianten auf den Markt kommt, werden noch die rund 115 vorbestellten Maybach-Modelle gebaut. Es könnten sogar noch weitere dazu kommen denn nach der Ankündigung über das Aus der Marke, rechnet Daimler mit weiteren Bestellungen.

1.12.2011