Hilft Hindu-Zauber dem Sauber-Team weiter?

Am Freitagmorgen werden die beiden Sauber-Ferrari

mit den Piloten Kobayashi und Pérez von einem spirituellen Hindu-Lehrer gesegnet

Es ist der Grand Prix zwischen Wahnsinn und Faszination. Zwischen Armut und Millionen. Zwischen Stromausfall und heiligen Kühen auf der Autobahn.

Happy Diwali! Indien, das Milliarden-Volk, feiert seit Mittwoch fünf Tage lang das grösste Neujahrs-Fest des Jahres mit Feuerwerken. Und als sportlicher Höhepunkt steigt am Sonntag um 15 Uhr Lokalzeit (10.30 Uhr MEZ!) die Formel-1-Premiere auf einer der geilsten Strecken des Kalenders. GP-Wanderer, wundere dich nicht, wenn du nach Neu Delhi kommst und dich der Smog empfängt. Eine Fahrt im Taxi raubt dir sowieso den Verstand. Du zitterst auf der Autobahn, wenn Menschen und Hunde die Autos oder die Dreirad-Kutschen (Tuk-Tuk) zum Kampf aufbieten. Wenn dir die Geisterfahrer fast schon im Korso entgegenrattern und noch frech hupen. Oder fährt dein Fahrer vielleicht auf der falschen Spur? Du musst diesem Land Respekt zollen, darfst und kannst aber auch nicht an der Realität vorbeischauen. Im Mediensaal flattert eine Fledermaus durch die Reihen (bis man endlich mal den Schlüssel für die Fenstertüren findet). Mindestens zehnmal am Tag stellt der Strom ab.

Magic Koba inspiziert die Strecke

Auch bei den Teams und im Hauptquartier von Bernie Ecclestone. Der Brite, der heute hier seinen 81. Geburtstag feiert: «Wer braucht schon Strom? Und man kann einem Elefanten ja keinen Vorwurf machen, wenn er mal vor dem Fahrerlager auf die falschen Kabel tritt!» Die TV-Kommentatoren stöhnen über ihre kleinen und geschlossenen Kabinen, reden sogar von Streik. Natürlich Blödsinn. Die meist eitlen Mikrofon-Stars würden zur Not aus den Toiletten übertragen.

Notdurft ist übrigens für viele Inder – auch im Streckenareal – der Ort, wo es am schnellsten geht, wenn es kommt… Vor den Hotels und am Haupteingang der Strecke werden alle Autos von der Polizei gestoppt. Kühlerhaube und Kofferraum auf – die grosse Terror-Angst vor neuen Bombenanschlägen. Du darfst und musst kritisch sein, aber du solltest in Indien nicht alles hinterfragen. Sonst verlierst du den Spass, die Freude am Rennen und den farbenfrohen Menschen, die dir überall freundlich begegnen und helfen wollen. Da wird dann eben auch mal gelacht, wenn im Fahrerlager eine Kaffeemaschine explodiert, weil die Kabel vertauscht wurden und die Leitungen falsch angeschlossen waren.

Das Konzert von Lady Gaga passt am Sonntagabend gut als Abschluss zu diesem Rennen voller Gegensätze. Nationalheld Narain Karthikeyan begeistert heute erstmals die einheimischen Fans vor einer schrägen Boxenanlage mit Treppen, die ins Nichts führen. Gestern überholte uns der Hispania-Pilot im weissen Jaguar auf der Autobahn (Tempolimit 110) mit mindestens 200 Sachen – dieses Land braucht verkehrsmässig offenbar keine Vorbilder mehr!

Und für Notfälle werden hier eben Autos, Menschen und Kühe gesegnet oder sogar heilggesprochen.

Kein Humbuk. Heute um 9.20 Uhr werden die beiden Sauber-Ferrari C30 mit den Piloten Kobayashi und Pérez von einem indischen Pundit (spiritueller Hindu-Lehrer) mit Ringelblumen und geheimnisvollen zinnoberrroten Zeichen gesegnet!

Ob diese Zeremonie dem Hinwiler Team im Kampf um den 6. WM-Platz gegen Gastgeber Force India hilft? Wir bezweifeln es beim momentanen 40:49-Punkte-Rückstand. Happy Diwali! Von Roger Benoit

Quelle: BLICK

28.10.2011