Kobayashi von Katastrophe in Japan abgelenkt?

Kamui Kobayashi

ist in Gedanken bei seinen Landsleuten in Japan

Man kann es Kamui Kobayashi kaum verübeln, dass die Formel 1 derzeit nicht das Wichtigste für ihn ist. Während er in Australien ein Autorennen bestreiten soll, kämpfen seine Landsleute in der japanischen Heimat nach der verheerenden Erdbeben-, Tsunami- und Atomkatastrophe ums nackte Überleben. Dennoch scheint er professionell genug zu sein, um diese Gedanken zumindest im Cockpit auszublenden.

"Wenn man ihn drauf anspricht, sagt er, dass es schlimm ist, auch für ihn", erklärt Teamchef Peter Sauber. "Ich kann nicht genau sagen, wie das ist, aber man kann das schon ein wenig nachempfinden. Aber er sagt auch: 'Schlussendlich komme ich klar damit.' Wie weit das einen Einfluss hat, das werden wir beim Fahren sehen." Ein vorübergehender Fahrertausch stand bei den Schweizern jedenfalls nie zur Diskussion.

Diverse Schreckensnachrichten aus Japan halte man in Melbourne "nicht bewusst" von Kobayashi fern, betont Sauber, schliesslich "hat er ja Internet und auch im Hotel einen Fernseher". Zumindest auf den Bildschirmen in der Sauber-Hospitality werden an diesem Wochenende aber keine Japan-Nachrichtensendungen laufen. Dafür steht auf Wunsch des Fahrers eine kleine Japan-Flagge auf Halbmast im Sauber-Paddock-Bereich.

Kobayashi selbst bittet indes um Hilfe für sein Land: "Wir brauchen die Hilfe der ganzen Welt. Die Situation ist schrecklich. Wenn uns die GPDA oder die FIA helfen können, dann nehmen wir diese Hilfe an, denn es ist sehr schlimm. Viele Menschen haben kein Heim, kein Essen. Es ist wirklich nicht leicht." Zumal nun auch radioaktive Spuren in Trinkwasser und Nahrungsmitteln festgestellt wurden.

Der frühere Grand-Prix-Pilot Alexander Wurz hat bereits angekündigt, dass er mit der Fahrergewerkschaft GPDA ein Hilfsprojekt organisieren will, und aus ihrer privaten Tasche haben schon mehrere Fahrer, darunter auch Jenson Button, Geld gespendet. Kobayashi liess es sich nicht einmal nehmen, seiner gebeutelten Heimat einen Besuch abzustatten. Zumindest hat er durch die Katastrophe niemanden verloren, der ihm nahe stand.

Der Sauber-Pilot gibt sich sogar demütig: "Wir dürfen nicht vergessen, dass es in Neuseeland auch ein Beben gegeben hat. Zwei Länder haben ein grosses Problem, daher sollten wir darüber nachdenken, wie wir beiden helfen könnten", meint er und fügt an: "Die Leute müssen verstehen, dass wir nichts falsch gemacht haben - ein Erdbeben kann man nicht kontrollieren. Wir müssen einander helfen. Ich hoffe, dass man uns helfen kann."

Kobayashis Manager Yoshinori Arimatsu verfolgt die Lage in Japan indes genau und hält auch seinen Schützling auf dem Laufenden. Auch ihm ist bewusst, dass Melbourne kein einfaches Rennwochenende wird: "Mein Fahrer macht sich grosse Sorgen um Japan", berichtet Arimatsu im 'Blick'. "Drei Tage war er dort und kam niedergeschlagen aus Tokio zurück..."

25.3.2011