Hamilton und Red Bull: Viel Lärm um Nichts

Lewis Hamilton

will sich derzeit nicht zu seinen mittelfristigen Plänen äussern

Sebastian Vettel und Fernando Alonso sitzen für die kommenden Jahre fest im Sattel ihrer Teams, also steht derzeit Lewis Hamilton im Zentrum von Wechselgerüchten. Nachdem der Brite am Rande des Grand Prix von Kanada intensive Gespräche mit Red-Bull-Teamchef Christian Horner geführt hatte, wird er als möglicher Nachfolger von Mark Webber beim Weltmeisterteam gehandelt.

Hamilton geniesst diese Spekulationen, gibt derzeit keine klaren Worte zu seiner Zukunft zu verstehen. Was ihm allerdings nicht gefällt, sind die gut gemeinten Ratschläge von Ex-Piloten. Jacques Villeneuve und Nigel Mansell hatten ihm über die Medien geraten, bei McLaren zu bleiben und sich nicht zur möglichen Nummer zwei an der Seite von Red-Bull-Liebling Sebastian Vettel zu machen. "Es ist schon lustig. Ich glaube kaum, dass sich jemand für deren Meinungen und Äusserungen interessiert", sagt der Brite in der 'BBC'. "Wenn du eine Meinung hast, dann behalte sie lieber für dich", so der Appell in Richtung Villeneuve und Mansell. "Ich habe keine Pläne. Ich bin auch gerade nicht bei einer Entscheidungsfindung bezüglich meiner Zukunft. Ich bin mit meinem atuellen Vertrag sehr zufrieden. Jensons Vertrag läuft am Ende dieses Jahres aus, meiner erst am Ende des kommenden Jahres. Ich habe also für die kommenden eineinhalb Jahre einen festen Job", wiegelt der Weltmeister von 2008 ab. "Meine gesamte Kraft wende ich für weitere Siege auf." Im Lager von McLaren betrachtet man die aktuellen Diskussionen mit großer Gelassenheit.

"Es läuft die Silly Season, es gibt viele Spekulationen. Ich darf nicht über vertragliche Dinge reden, aber es ist klar, dass wir Lewis gern weiterhin als Teil unseres Teams sehen wollen. Er ist ein toller Rennfahrer und wir arbeiten gern mit ihm", sagt McLaren-Technikchef Jonathan Neale. "Er sagt doch auch, dass er beim Team bleiben möchte. Ich schätze, so wird es am Ende auch kommen."

Diese Entwicklung erwartet man auch bei Red Bull. "Die Kombination Vettel/Hamilton sieht auf dem Papier sicherlich attraktiv aus, aber man müsste die Dynamik in einer solchen Paarung im Auge behalten", sagt Horner der Agentur 'PA Sport'. Man dürfe die Realitäten nicht missachten: "Zwei Sportsleute auf dem Höhepunkt in einem Team - das kann kaum harmonisch sein. Wäre eine solche Paarung optimal? Ich habe erhebliche Zweifel. Die Geschichte hat es uns doch gelehrt", meint der Red-Bull-Teamchef und meint damit nicht die Zwistigkeiten zwischen Vettel und Webber. "Alain Prost und Ayrton Senna, Nigel Mansell und Nelson Piquet oder sogar Alonso und Hamilton - das ging nicht gut. Es sieht so aus, als könnten zwei Weltklasse-Fahrer in einem Team nicht harmonieren. Wir sind glücklich mit Mark und mit dem Job, den er abliefert."

Hamilton: "Mir egal, was die Kritiker denken"

Als Lewis Hamilton vor gut vier Jahren die Formel-1-Bühne betrat, galt er als "Wunderkind" schlechthin. Den WM-Titel in seiner Debütsaison verpasste der Brite nur denkbar knapp. Im darauffolgenden Jahr holte sich der McLaren-Pilot im dramatischen Finale von Sao Paulo tatsächlich seine erste Weltmeisterschaft und damit deutlich früher als der Großteil der Champions vor ihm. In der laufenden Saison fiel der 26-Jährige - abgesehen vom Sieg in Schanghai - bisher eher durch seinen aggressiven Fahrstil und die eine oder andere unglückliche Bemerkung als durch Erfolge auf der Rennstrecke auf. Demzufolge ließ die Kritik nicht lange auf sich warten.

Für Hamilton selbst ist dies nur nachvollziehbar. "So funktioniert die Welt heutzutage. Solange du deine Sache gut machst, wirst du von allen geliebt", gibt der McLaren-Pilot gegenüber 'London Standard' zu Protokoll. "Im Moment gewinnt Sebastian Vettel regelmäßig, weshalb ihn jeder gern hat. Doch nur aufgrund dessen, was andere Leute über mich sagen, bin ich selbst kein schlechterer Fahrer", stellt er klar. Die Kritik am Shootingstar der Saison 2007 reichte in den vergangenen Wochen vom "verlorenen Faden" laut Ex-Formel-1-Pilot Eddie Irvine bis hin zu "einer Gefahr für seine Fahrerkollegen auf der Strecke", wie es der dreifache Weltmeister Niki Lauda im Hinblick auf die jüngsten Aktionen Hamiltons am Steuer des MP4-26 formulierte.

Sprüche wie diese lässt der als Zielscheibe der Kritik fungierende Brite allerdings nicht an sich heran, wie er versichert. "Im Laufe der Zeit lernst du, eine Resistenz dafür zu entwickeln", sagt Hamilton. "Es ist in etwa so, wie wenn du ein paar Mal auf den Boden gefallen und danach umso stärker wieder aufgestanden bist. Es ist mir komplett egal, was Niki Lauda über mich denkt." Im Hinblick auf seinen misslungenen Witz im Anschluss an den Grand Prix von Monaco gibt Hamilton inzwischen zu: "Wir sind letztlich alle nur Menschen. Manchmal nehmen die Emotionen einfach überhand." Dass dies in Monte Carlo bei ihm der Fall war, habe er nie bestritten, stattdessen daraus gelernt, wie der aktuelle WM-Vierte betont. Wichtig sei letztlich wie bei jedem Sportler "die Fähigkeit, darüber zu stehen und die Dinge aus dem Cockpit künftig nicht mehr nach draussen gelangen zu lassen".

Angesprochen auf seine Kollisionen bei den zurückliegenden Rennen - unter anderem mit Pastor Maldonado in Monte Carlo und mit Teamkollege Jenson Button in Montreal - offenbart der viel gescholtene McLaren-Pilot: "Ich glaube nicht, dass es mein aggressiver Fahrstil ist, der mich in Schwierigkeiten bringt. Manchmal lasse ich wohl einfach die richtige Einschätzung der Situation vermissen." In Wahrheit ginge es für ihn persönlich stets darum, "der beste Fahrer aller Zeiten zu sein und das erfordert Hingabe".

Unmittelbar vor einem Unfall oder einer Kollision gibt es nach Ansicht Hamiltons zwei Phasen. "Phase zwei ist der Einschlag an sich", sagt er. "Phase eins ist der alles entscheidende Moment, an dem du mit Glück noch davon kommst. Dies war bei mir in dieser Saison nicht immer der Fall", gibt der Brite offen zu.

7.7.2011