Button will einfach Siege einfahren

Jenson Button rechnet sich in Monza

gute Siegchancen aus

Jenson Button setzte mit seiner Aufholjagd beim vergangenen Rennen in Belgien zwar ein Glanzlicht, aber der Brite wusste anschließend nicht, ob er sich über den Podestplatz wirklich freuen sollte. "Belgien war letztlich eine Enttäuschung. Wenn man den Speed für einen Sieg hat, aber dann nur Dritter wird, dann ist das nicht schön", sagt er. "Wir waren im Qualifying eigentlich richtig schnell, die Bedingungen haben mir bestens gefallen. Solche Missverständnisse müssen wir an diesem Wochenende vermeiden."

McLaren hatte den Weltmeister von 2009 in Q2 zum falschen Zeitpunkt auf die Bahn geschickt: Startplatz 13 war das traurige Resultat. Dieses Erlebnis hat Button abgehakt. Voller Vorfreude blickt er auf das kommende Wochenende. "Wir fahren alle gern auf diesen schnellen Traditionskursen, die kaum Fehler verzeihen. Ich mag auch einige der neuen Rennstrecken gern, aber die Klassiker wie Spa, Monza, das alte Silverstone oder Suzuka liegen mir sehr am Herzen", erklärt er. "Sich auf solchen Strecken gut zu schlagen, bedeutet mir viel mehr. Zweimal war ich hier nahe am Sieg, aber es hat bisher leider nie geklappt. Auf dem Papier hat Monza nur neun Kurven. Das hört sich erst einmal so an, als sei es wirklich einfach, es dort gut hinzubekommen. In Wahrheit ist es aber ziemlich schwierig", meint Button. "Man fährt mit wenig Abtrieb, bremst extrem hart in die Schikanen, darf aber dabei die Räder nicht blockieren. Die Lesmos und die Ascari sind schwierige Kurven. In der Parabolica kannst du dir ganz schnell mal die gesamte Rundenzeit versauen. Das ist anspruchsvoll, macht aber auch sehr viel Spass."

Fehler vermeiden, Abtrieb reduzieren

"Die hohen Geschwindigkeiten spürt man als Fahrer gar nicht so. Es fühlt sich nicht anders an als auf den langen Geraden anderer Strecken. Aber man merkt die ganze Zeit, dass man mit wenig Anpressdruck arbeitet. Das Auto rutscht deutlich mehr herum als sonst", beschreibt Button das Gefühl in Monza. "Wie schon in Spa ist es auch hier nicht unbedingt wichtig, in der ersten Startreihe zu stehen. Allerdings muss es sicherlich nicht wieder Startplatz 13 und ein früher Boxenstopp in Runde vier sein. Man muss ein vernünftiges, sauberes Qualifying hinbekommen. In der ersten Runde wird der Kampf in die erste Kurve hinein nicht mehr so heftig sein, denn später hat man mit DRS viele Möglichkeiten", berichtet Button. "Mal sehen, wie wir bezüglich Luftwiderstand dastehen. Wir haben diesbezüglich viel ausprobiert. Der Mercedes-Motor sollte ausreichend Schub bieten. Hoffentlich werden wir auf den Geraden schnell genug sein." 2010 war der Brite im Rennen stark. Damals hatte er seinen McLaren auf viel Abtrieb getrimmt. "Man darf es nicht mit dem vergangenen Jahr vergleichen. Im Qualifying dürfen wir DRS zwar überall verwenden, im Rennen aber nicht. Wenn du dann mit grundsätzlich zu viel Abtrieb unterwegs bist, dann bist du einfach zu langsam", winkt Button ab. Er erklärt: "Im vergangenen Jahr konnten wir uns das leisten, weil uns der damalige F-Schacht auf den Geraden rund acht bis neun km/h an Vorteil brachte. In diesem Jahr haben wir keinen F-Schacht mehr. Es ist jetzt mehr Effizienz gefragt. Wenn ich mir manche Heckflügel hier in der Boxengasse anschaue, dann ist das teilweise kaum mehr als ein Blatt Papier - so dermassen kleine Flügelchen. Bisher ist aber überhaupt nicht klar, wer den richtigen Weg wählt. Morgen wissen wir vielleicht schon mehr", meint er.

Wer denkt an den WM-Titel?

Bei McLaren hofft man, die Vorteile des Mercedes-Motors ausspielen zu können. "Ein Motor muss nicht nur kräftig sein, sondern vor allem eine gute Fahrbarkeit bieten. Es darf nicht so sein, dass das Gaspedal wie ein An/Aus-Schalter ist, denn dann sind die Reifen schnell hinüber und das Auto liegt nicht. Fahrbarkeit über einen großen Drehzahlbereich ist wichtig. Der Mercedes-Motor ist diesbezüglich richtig gut", lobt Button. "Ich mag das Auto, habe ein gutes Gefühl für die Balance. Das ist die Grundlage für erfolgreiche Fahrten. Manchmal bekommst man selbst ein besseres Gefühl, ab und zu ist auch mal der Teamkollege näher am Optimum", sagt Button, der in der Gesamtwertung nun vor Lewis Hamilton liegt. "Das hat nicht nur etwas mit den Nullnummern von Lewis zu tun. Ich hatte auch meine Ausfälle in diesem Jahr." Im Lager der britischen Silberpfeile ist Button nun der aussichtsreichere Vettel-Jäger - allerdings ist der Abstand zu Sebastian Vettel immens. "Die Meisterschaft scheint entschieden, aber wir kämpfen weiter. Podestplätze helfen uns nicht weiter, sondern nur Siege", sagt er. "Wir sollten hier gut aufgestellt sein. Wenn mir in Monza ein Sieg gelingt, dann ist das durchaus ein Signal für die weitere Saison. Wir haben ein Auto, mit welchem man auf allen Strecken um Siege mitfahren kann. Sebastian ist in einer guten Position, er hat deutlichen Vorsprung. Ich denke derzeit nicht an den Titel, sondern will einfach möglichst viele Siege einfahren", legt Button seine Marschroute dar. "Die WM ist noch nicht entschieden, aber es wäre beeindruckend, wenn jemand Sebastian noch überflügeln könnte. Sebastian hat bisher ein unglaublich gutes Jahr erlebt." Ein solches Jahr möchten die McLaren-Piloten im kommenden Jahr selbst erleben. Voraussetzung: Der neue MP4-27 wird besser.

2012 weniger Risiken im Winter

"Ich weiss nicht, wo wir im nächsten Jahr um diese Zeit stehen werden", sagt der Champion von 2009. "Alle fangen immer früher mit dem Bau des nächstjährigen Autos an, alle wollen besser sein als alle anderen. Aber wie kann man das behaupten? Ferrari meint, sie könnten die nächsten 300 Jahre in der Formel 1 dominieren. Aber ganz ehrlich: Niemand weiß doch, ob sie überhaupt nächstes Jahr schnell sein werden." Optimistische Aussagen seien immer schnell formuliert, ein wirklich gutes Auto aber längst nicht so schnell gebaut, meint Button. Deshalb hält sich der Brite mit Kampfansagen für 2012 zurück. "Ich hoffe einfach, dass wir ein konkurrenzfähiges Auto haben werden. Wir haben bezüglich der Experimente mit neuen Dingen im vergangenen Winter viel gelernt", sagt er. McLaren hatte anfangs ein neues Auspuffsystem am Fahrzeug, tauschte es aber kurz vor dem ersten Rennen gegen ein weniger mutiges aus. "Wenn man ehrlich ist, dann war ein Grossteil der Tests vor der Saison völlig nutzlos", appelliert Button indirekt an die Techniker, solche Experimente im kommenden Winter zu vermeiden. "Unser neues Auspuffsystem funktioniert ab dem ersten Rennen wirklich gut. Aber vielleicht hätte es noch besser funktioniert, wenn wir es bei den Tests zuvor schon hätten optimieren können. Vielleicht hätten wir das erste Rennen dann sogar gewinnen können. Aber man muss wohl manchmal kalkulierte Risiken eingehen..."

8.9.2011