Saab 9-5: «I have a Dream»

Neue Modelle von Saab sind selten wie Elche in deutschen Wäldern. Die Schweden wurden jahrelang von der Mutter GM an der kurzen Leine gehalten, es fehlte das Geld für Neuentwicklungen. Jetzt sind bei Saab wieder Schweden am Ruder, die Sportwagenschmiede Koenigsegg wird das Unternehmen (hoffentlich) retten. Oder um es mit ABBA zu sagen: «I have a Dream».

Da kommt das neue Flaggschiff gerade recht, immerhin hat der Saab 9-5 bereits ein Dutzend Jahre auf dem Buckel, auch wenn er optisch immer wieder aufgefrischt wurde, war er technisch veraltet. Vorbei, endlich ist der neue 9-5 fertig, und er wird ein wirkliches Flaggschiff der Marke, auch wenn sich unter dem Blech die Technik des neuen Opel Insignia verbirgt. Doch der Schwede ist grösser, mit 5,01 Metern Länge toppt er nicht nur den Technik-Bruder aus Rüsselsheim, sondern auch die deutsche Konkurrenz wie Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse, die allesamt einige Zentimeter unter der Fünfmeter-Marke rangieren. Da wird auch die Verwandschaft zum Buick LaCrosse deutlich, der in den USA bereits am Start ist und mit 5,03 Metern Länge die Plattform spendiert.

Besonders deutlich wird der Grössenzuwachs im Vergleich zum Vorgänger: Der neue 9-5 ist 24 Zentimeter länger, der Radstand wuchs um stattliche 13 Zentimeter auf 2,84 Meter. Dieser Platz kommt vor allem den Fondpassagieren zugute und lässt den Schweden fast schon zur Chauffeurs-Limo werden. Selbst die stark abfallende Dachlinie dürfte die Lümmel-Longue hinten kaum einschränken. Kein Zufall, denn auf einigen Märkten wie China soll das Schweden-Dickschiff reiche Geschäftsleute im Fond beherbergen – und die wollen Platz.

Dazu kommt ein grosser Kofferraum mit 513 Litern Volumen, der mit einem variablem Ordungssystem versehen wird, das wir bisher nur von Kombis kennen. Apropos Kombi, der 9-5-Lastenesel, bei Saab traditionell SportCombi genannt, kommt etwa ein halbes Jahr nach der Limousine. Das ist von grosser Bedeutung, denn bisher hat der Kombi einen Anteil von 80 Prozent an den Verkäufen. Gebaut wird der 9-5 im Stammwerk im Trollhättan und nicht, wie zunächst angekündigt, in Rüsselsheim.

Besonders wichtig ist den Saab-Kunden ein individuelles Design, deshalb darf der 9-5 auf keinen Fall ein verkappter Insignia sein. Trotzdem brechen die Designer mit der Form des Vorgängers. Alles fällt runder aus, dazu kommt ein Mix aus typischen Stilelementen wie den silber eingefassten Frontscheinwerfern oder den Heckleuchten mit LEDs im weissen Ice-Design, unterstützt von einem durchlaufenden Lichtband über die gesamte Breite des Hecks. Die Blinker in den Seitenspiegeln sind abgedunkelt, um die Linie nicht zu stören, die Chromumrandung für die Fenster (bei Saab Hockey-Stick genannt) soll Eleganz verströmen. Innen kommt das Saab-typische, etwas wuchtige Cockpit zum Einsatz, wer genau hinschaut, erkennt (noch) Teile aus dem Insignia. Der Zündschlüssel in der Mittelkonsole weicht wegen des Keyless-Go-Systems einem Starterknopf.

Natürlich muss ein Flaggschiff auch mit technischen Highlights punkten. Kleine Auswahl der Optionen gefällig: Head-up-Display, Einparkautomatik, Fahrwerksabstimmung, die sich über drei Settings (Comfort, Sport und Intelligent) der Fahrweise des Fahrers anpasst, Bi-Xenon-Kurvenlicht, Keyless-Go, Schildererkennung im Panasonic-Navi, 8-Zoll-Touchscreen-Monitor oder ein Soundsystem von Harman & Kardon. Drei Ausstattungslinien wird es geben, die wie bisher Linear, Vector und Aero heissen. Von Anfang an steht der Allradantrieb von kleinen Bruder 9-3X als Weiterentwicklung in der Preisliste für die stärkeren Motoren. Drei Benziner mit Turboaufladung von 160 (1,6 Liter) bis 300 PS (2,8-Liter-V6) und zwei Diesel (2,0-Liter) mit 160 und 190 PS sollen den 9-5 standesgemäss mobil machen. Auf Hybridtechnik oder ein Start-Stopp-System müssen die Kunden allerdings (noch) verzichten.

Preis: ab 76´900 Franken. Basis 1.6T (180 PS, M6, FWD) ab 49´500 Franken.
13.8.2010