Strömungsdiffusor: Wie stark leidet Mercedes?

Nico Rosberg:

Wie alle anderen Teams muss sich Mercedes an die neuen Regeln anpassen

An diesem Wochenende zündet in Valencia die erste Stufe der Technischen Direktive der FIA zum Thema Zwischengas-Motorenmappings. Zwar werden solche Mappings erst ab Silverstone per se verboten sein, doch schon beim Grand Prix von Europa dürfen die Motoreneinstellungen zwischen Qualifying und Rennende nicht mehr nennenswert verändert werden.

Das verhindert extreme Qualifying-Mappings, aber nicht die Nutzung von Auspuffgasen zur aerodynamischen Anströmung des Diffusors. Dass sich kaum etwas am Kräfteverhältnis geändert hat, ist dementsprechend keine große Überraschung. Eingebremst werden nur jene, die im Qualifying besonders extreme Mappings mit hohem Spritverbrauch und hohen Temperaturen gefahren sind, die ihre Autos auf die komplette Renndistanz nicht verkraftet hätten.

Mercedes-Konzept ab Silverstone obsolet?

Die eigentliche Diskussion muss also erst in Silverstone geführt werden. Wen es dann treffen wird, darüber kann im Moment nur spekuliert werden, aber Sebastian Vettel hat zumindest einen sehr konkreten Verdacht: "Vor allem die Autos, die speziell für dieses Konzept gebaut wurden, etwa der Mercedes oder der Renault, werden es mehr als andere spüren", glaubt der Red-Bull-Pilot, der für sein eigenes Team keine dramatischen Auswirkungen erwartet.

Die Mercedes-Fahrer spürten die FIA-Entscheidung schon heute: "Es gibt einen Unterschied", räumt Michael Schumacher ein. Nico Rosberg stimmt zu: "Natürlich spürt man einen Unterschied. Im Qualifying war der sogar ziemlich gross." Das hatte Teamchef Ross Brawn kurz zuvor dementiert - was Rosberg zu einem Witz verleitet: "Ignoriert doch Ross! Manchmal weiss er über diese Dinge nicht Bescheid. Er ist nicht gut informiert..."

Etwas anderes weiss Brawn dafür ganz genau: "Wir können den Auspuff auch nach Silverstone dort münden lassen, wo wir wollen. Irgendwo musst du die Auspuffgase austreten lassen, also am besten an einem Platz, wo sie etwas nutzen. Ich glaube, das Ausmaß des Vorteils durch diese Technologie wird reduziert. Wie viel, das hängt von der Art des Auspuffsystems ab, das du hast." Und natürlich vom Grad der Weiterentwicklung der Motorenmappings für den angeströmten Diffusor. "Es wird variieren", wagt der Brite eine vage Prognose für seinen Heim-Grand-Prix in zwei Wochen, schränkt aber ein: "Trotzdem konnte man heute keinen großen Unterschied erkennen. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Änderungen zu grossen Unterschieden führen werden." Dass Mercedes hinterherhinkt, hat sowieso andere Gründe: "Wir haben schon seit einer Weile das gleiche Auto, daher gibt es keinen Grund, warum sich etwas geändert haben sollte, ganz einfach", so Schumacher.

Zwischengas-Verbot keine Ausrede

Auch Rosberg redet sich nicht auf die FIA-Entscheidung aus: "Wir haben hier besonders Schwierigkeiten mit den überhitzenden Hinterreifen. Das ist ein spezifisches Problem, das wir haben, und es dramatisiert die Probleme, die wir wegen weniger Anpressdruck ohnehin schon haben. Das könnte eine Erklärung sein, warum wir hier etwas weiter hinten zu sein scheinen, zumindest im Qualifying", analysiert der Deutsche.

Was das geplante Zwischengas- und Strömungsdiffusor-Verbot angeht, hält Brawn "die Lösung für nächstes Jahr vernünftig. Wir müssen nur darauf achten, dass diese Zone so harmlos ist, wie man sie eben gestalten kann. Denn wenn sie sich in einem Bereich befindet, wo man aus den Auspuffgasen Performance gewinnen kann, dann liegt es in der Natur der Formel 1, dass das Ganze wieder von vorne losgeht." Mit "diese Zone" meint er jene Stelle, an der der Auspuff künftig aus dem Chassis austreten wird, denn die soll genau vorgeschrieben werden. So will die FIA verhindern, dass die Teams die Energie der Auspuffgase aerodynamisch nutzen können. Mercedes hätte den angeströmten Diffusor aber auch entwickelt, wenn man vom Verbot vorher gewusst hätte, "weil du die Antworten für nächstes Jahr kennen solltest", erläutert Brawn. "Wir machen es ja ähnlich wie die anderen Topteams."

"Die Erfahrungen sammeln wir trotzdem, auch wenn sich die Motorenmappings ändern", argumentiert der Mercedes-Teamchef. "Daher hätten wir es vielleicht trotzdem verfolgt, weil wir herausfinden müssen, wo wir Rundenzeit finden müssen. Wenn wir heute eine Sekunde langsamer sind als die Pole-Position, müssen wir verstehen, wie wir diese Sekunde finden können. Ein neues Auspuffsystem zu testen, ist ein wichtiges Puzzleteil davon."

25.6.2011