Domenicali: "Vettel ist noch kein Anführer"

Stefano Domenicali

analysiert Stefano Domenicali die Führungsqualitäten von Sebastian Vettel

Der WM-Dreikampf zwischen Red Bull, McLaren und Ferrari ist durch Sebastian Vettels Vorsprung von 102 Zählern auf den ersten Nicht-Red-Bull so gut wie entschieden. Auch Mark Webber, der seinem deutschen Teamkollegen lediglich am Nürburgring Punkte abnehmen konnte, dürfte mit seinem Rückstand von 92 Zählern keine Gefahr mehr sein.

Zum Heimrennen von Ferrari stehen die Vorzeichen im roten Lager also nicht besonders gut. Dennoch hält sich Stefano Domenicali gegenüber 'Bild am Sonntag' mit zuviel Lob für Vettel zurück: "Vettel ist noch kein Anführer. Er ist auf dem Weg dorthin, aber noch ist er nicht so weit wie Michael und Fernando. Dafür ist er schlicht zu jung. Er muss noch Erfahrung sammeln. Echte Anführer gibt es nur zwei: Fernando Alonso und Michael Schumacher."

Vettel ist noch jung

"Schauen Sie sich Michael und Fernando an! Ich sehe viele Parallelen. Beide kämpfen wie die Löwen, um ihr Team nach vorne zu bringen. Sie kümmern sich um Details, die anderen gar nicht auffallen. Und natürlich hören die Leute schon alleine deshalb auf sie, weil sie über eine Menge Erfahrung verfügen", erklärt der Ferrari-Teamchef und fügt hinzu: "Sebastian ist nahe dran. Aber im Moment gibt es eben nur zwei." Dass Sebastian Vettel in der Zukunft bei Ferrari landen könnte, wird nicht verneintOb der Deutsche für Ferrari grundsätzlich interessant ist, möchte Domenicali dennoch nicht ausschliessen: "Das ist eindeutig zu früh zu sagen. Das hängt von vielen Entwicklungen in den nächsten Jahren ab. Derzeit brauchen wir keinen Anführer. Irgendwann schon. Und dann ist Sebastian ein Kandidat. Sie sehen ja, es gibt nicht viele." Wenn es soweit ist, wird ein ehemaliger Anführer von Ferrari die Formel 1 wohl endgültig als Beobachter verfolgen. Ob Michael Schumacher nach 2012 der Königsklasse erhalten bleibt, ist fragwürdig. Domenicali, der mit dem Kerpener zahlreiche Siege und Titel feiern konnte, gehört nach wie vor nicht zu den Kritikern des Rekordweltmeisters: "Ich halte nichts von der Kritik an ihm. Sie werden von mir nichts Schlechtes über Michael Schumacher hören."

Starkes Ferrari-Fundament

"Er fährt auf einem sehr guten Niveau. Mercedes ist nicht gut genug. Wenn Michael in einem Red Bull oder Ferrari fahren würde, dann hätte er in diesen zwei Jahren sicher schon Rennen gewonnen", ist sich der Italiener sicher. Im Moment kann Schumacher nicht in den Kampf um Siege eingreifen. Den machen die erwähnten drei Topteams unter sich aus. Der rasche Aufstieg von Red Bull macht Domenicali und Ferrari nach aussen hin keine Sorgen: "Na ja, erfreulich ist das nicht. Aber mit allem Respekt: Sie haben einen Titel, wir haben 16. Wenn Red Bull irgendwann mal halb so viel gewonnen hat wie wir, dann müssen wir vielleicht umdenken. Die Frage ist, wer die besseren Fundamente hat. Ich weiss nicht, was bei Red Bull passiert, wenn ein oder zwei gute Leute gehen. Wir bauen derzeit ein neues Ferrari auf. Und dann starten wir eine grosse Periode", prognostiziert er siegessicher und beschreibt den Fortschritt: "Wir liegen zwischen 70 und 80 Prozent. Unser Vorteil: Wir haben keine wichtigen Leute an Red Bull verloren wie andere Spitzenteams. Aber auch wir lernen von Red Bull. Sie haben eine gute Organisation, da können wir uns was abschauen", so Domenicali.

6.9.2011