De la Rosa: "Bin sehr glücklich"

Pedro de la Rosa

erntete für sein Qualifying jede Menge Anerkennung

Erst zehn Minuten vor dem zweiten Freien Training erfuhr Pedro de la Rosa, dass er den Grand Prix von Kanada anstelle von Sergio Perez für Sauber bestreiten darf, und im dritten Freien Training landete er auch noch in der Mauer. Trotzdem schaffte der 40-Jährige den Einzug ins zweite Qualifying. Rückstand auf Teamkollege Kamui Kobayashi: nur drei Zehntelsekunden.

"Ich bin sehr glücklich", strahlt de la Rosa. "Jedes Mal, wenn ich ins Auto steige, finde ich drei, vier Zehntel. Wir bräuchten noch mehr Zeit, aber die haben wir nicht. Es war nicht einfach, alles neu zu lernen, speziell DRS, KERS und so weiter. Das war das Schwierigste." Aber: "Er hat das wirklich gut gemacht", lobt James Key. "Er hatte ja auch wenig Zeit, sich mental einzustellen. Vielleicht war das sogar irgendwie gut, weil er keine Zeit hatte, sich gross Sorgen zu machen. Ein kleiner Vorteil ist, dass er DRS und KERS aus dem McLaren-Simulator kennt, auch wenn die Knöpfe dort an anderen Positionen des Lenkrads sind. Er hat gesagt, dass er manchmal noch aufs Lenkrad schauen muss, um den richtigen Knopf zu finden. Das ist natürlich nicht ideal, aber er macht das wirklich gut", so der Sauber-Technikchef. Im Simulator sitzt de la Rosa nämlich relativ oft: "Im Schnitt einmal pro Woche", sagt er.

McLaren-Simulator keine Hilfe?

Doch im Gegensatz zu Key ist er nicht davon überzeugt, dass ihm das geholfen hat: "Wenn du etwas gewohnt bist und deine Instinkte darauf abgestimmt sind, aber dann wechselst du auf einmal das Auto, dann musst du dich komplett neu einstellen. Da wäre es fast besser, gar keine Erfahrung zu haben, denn viele meiner Fehler kommen vom Instinkt, den ich mir im McLaren-Simulator angeeignet habe", glaubt der Routinier. Am doppelten Mauerkuss am Samstagmorgen, bei dem das Getriebe und die rückseitige Crashstruktur schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden, hatten falsch eingelernte Instinkte jedoch keine Schuld. Vielmehr brach de la Rosa das Heck aus und er rutschte ausgangs Kurve vier in die Betonmauer, die tags zuvor schon seinen Teamkollegen Kobayashi abgeschüttelt hatte. Dabei hätte das nach Ablauf der regulären Zeit eigentlich nicht mehr sein müssen.

"Ich wäre in der Runde reingekommen, aber ich brauche noch so viele Kilometer, dass ich auch auf der In-Lap gepusht habe", erinnert er sich. "Ich wollte diese Schikane mit den Randsteinen für das Qualifying üben. Normalerweise kann man das langsam üben, aber diese Zeit hatte ich nicht. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass das Heck so abrupt ausbricht, sondern ich hatte höchstens einen Drift erwartet. Aber das ist die Folge, wenn man den Lernprozess beschleunigen will."

Key nimmt ihn in Schutz: "Er lernt immer noch dazu. Jedes Mal, wenn er rausgeht, wird er schneller. Er bekam schnell ins Gefühl, wo das Auto steht und wie die Reifen funktionieren. Da hat geholfen, dass er die Pirellis schon im Toyota getestet hat." Geholfen hat auch, dass de la Rosa schon 2010 für Sauber gefahren ist: "Wir kennen Pedro und er kennt das Team. Wir mussten uns nicht erst vorstellen", grinst Key. Nur der Renningenieur ist ein anderer als im Vorjahr.

Der Freitag diente in erster Linie dazu, die Umstellung des McLaren-Testfahrers voranzutreiben. Am Abend bekam er dann ein Sauber-Hemd und einen Sauber-Overall, sodass gestern der optische Auftritt stimmte. Gleichzeitig erklärtem ihm die Ingenieure den neuen C30, der dem C29 anscheinend gar nicht unähnlich ist: "Es fühlt sich schon ähnlich an. Ich weiss ein bisschen was über die Reifen, und auf das Auto kannst du dich sehr schnell einstellen."

Besser als am Freitag waren gestern auch die Pedale: "Am Freitag hatten wir nicht viel Zeit, die Pedale umzubauen - sie waren, wie sie waren. Heute ist die Position viel besser, ich bin zufrieden damit. Wir haben sie kurz vor dem Qualifying hinbekommen", lobt de la Rosa seine Mechaniker. "Und der Sitz ist mehr oder weniger mein Sitz aus dem Vorjahr. Ich fühle mich im Auto wohl und bin sehr zufrieden mit meiner Leistung." Denn: "Ich sitze nicht alle zwei Wochen im Auto. Das ist die Weltmeisterschaft, keine Dorfparade. Hier fahren die besten Fahrer, die alle zwei Wochen im Auto sitzen. Ein paar Stunden in einem Testumfeld wären schön gewesen, aber ich beschwere mich nicht, denn es ist eine tolle Gelegenheit", sagt der McLaren-Testfahrer und ergänzt mit einem Lächeln: "Ich muss nichts beweisen, muss mir keine Sorgen machen. Ich habe diese Chance und bin sehr relaxt."

Nichts mehr zu beweisen

Für de la Rosa geht es nicht mehr um die Fortsetzung seiner Karriere als Grand-Prix-Pilot, denn die hat er Ende 2010 (unfreiwillig) beendet. Trotzdem will er sich nicht die Blösse geben, das heutige Rennen aus körperlichen Gründen nicht zu überstehen. Aber: "Ich glaube nicht, dass das zum Problem wird", winkt der rein optisch immer noch sehr fit wirkende Spanier ab. "Ich habe hart trainiert, auch wenn ich nicht gefahren bin." Heute kommen einige Premieren auf ihn zu, doch neben diversen elektronischen Systemen, die er mit jeder Runde besser in den Griff bekommt, brennt er vor allem auf den Rennbeginn, denn: "Ich bin gespannt, wie es ist, das Auto mit 140 Kilo Benzin zu fahren. Wir haben das nie probiert, weil wir einfach nicht die Zeit hatten. Seit ich ins Auto gestiegen bin, war es ein einziger Stress. Ich habe also andere Sorgen als meinen körperlichen Zustand!"

Hätte er DRS und Co. schon perfekt im Griff, wären noch "drei Zehntel bis eine halbe Sekunde" mehr drin gewesen - und das hätte bedeutet, dass er sich auf Augenhöhe mit Kobayashi qualifiziert hätte! De la Rosa: "Selbst auf meiner schnellsten Runde habe ich in der Schikane einen Fehler gemacht, der zwei Zehntel gekostet hat. Da fehlt einfach die Konstanz, wenn du ans Limit gehst und noch nicht alles automatisiert ist."

Dass er den Heckflügel derzeit noch später flach stellt als sein japanischer Teamkollege, streitet der Perez-Ersatzmann gar nicht erst ab: "Ich bin beim Aktivieren nicht so gut wie Kamui. Da steckt noch viel Rundenzeit drin. DRS aktivieren, KERS im richtigen Moment drücken - das alles fällt mir ein bisschen schwer. Aber umso mehr freue ich mich über meine Rundenzeit, denn ich weiss, wie viel da noch drin ist", betont er.

Der Start wird "eine Herausforderung, KERS ist ja auch da. Aber auch wenn ich schon lange keinen Start mehr absolviert habe - vor allem nicht mit diesem Auto -, werde ich versuchen, Plätze gutzumachen", so de la Rosa, der bisher erst einen Start ausprobiert hat. "Morgen vor dem Rennen werde ich ein paar Runden auf den Grid fahren und noch ein paar Starts üben. Aber vor den Boxenstopps habe ich mehr Respekt, denn so einen konnten wir gar nicht üben."

Das Ziel ist klar: "Ich gehe auf Punkte los", meint er selbstbewusst. "Das Auto hat im Qualifying seine Schwächen, speziell wenn es so kalt ist, weil es schwierig ist, die Reifen aufzuwärmen. Aber andererseits ist es ein sehr gutes Rennauto, weil es die Reifen schont." Von den Bedingungen her wäre ihm brennende Hitze oder strömender Regen am liebsten, denn: "Wenn es so ist wie heute, hilft uns das nicht..."

12.6.2011