Vettel: "Werde wahrscheinlich gut schlafen"

Siebte Pole-Position im achten Rennen

für Sebastian Vettel

Sebastian Vettel in der Pressekonferenz nach seiner Pole-Position: "Wir müssen keine Angst haben, sondern sind gut gerüstet."

Frage: Sebastian, du hast schon die ganze Woche gesagt, dass die neuen Motorenmapping-Regeln Red Bull nicht treffen würden. Jetzt, wo du auf Pole stehst, schätze ich, dass du recht hattest...


Sebastian Vettel: Das habe ich nicht gesagt. Natürlich wurde vor diesem Grand Prix viel geredet und es wird auch vor dem nächsten Grand Prix viel geredet werden, aber alle werden ein bisschen verlieren. Die Leute rechnen damit, dass wir mehr verlieren als andere, aber dem stimme ich nicht zu. Wir müssen davor keine Angst haben, sondern sind gut gerüstet. Ich habe von Anfang an nicht verstanden, warum man da so ein Theater macht. Alles in allem ein sehr guter Tag für uns - sehr gut, die erste Reihe für unser Team zu haben. Ich bin sehr zufrieden. Es wird ein langes Rennen morgen. Hier ist es immer hart. Es ist eine schwierige Strecke, es gibt so viele Kurven. Wir haben 25, bevor wir wieder über die Linie fahren, und besonders im Qualifying ist es sehr, sehr schwierig, jede einzelne Kurve gut zu treffen. Die perfekte Runde ist schwierig. Ich denke aber, mein erster Run war ziemlich gut, ich war damit zufrieden. Ich hatte nur im zweiten Sektor minimal Zeit verloren und wollte es daher noch einmal probieren. Wir haben aber gesagt, wir gehen als Letzter raus, um zu sehen, ob sich die anderen wirklich sehr stark verbessern oder nicht. Dann kann man früh genug abbrechen und sich die Runde auf den Reifen sparen. Ich war genauso schnell wie die Runde zuvor. Dann kam noch Marks zweite Runde. Das ist ein gutes Ergebnis und es ist gut, morgen aus der ersten Reihe zu starten. Mal sehen, was von da aus geht. Heute war mit Sicherheit ein guter Tag. Heute Nacht werde ich wahrscheinlich gut schlafen - und dann freue ich mich auf das morgige Rennen.

Genau wie in Montreal wird es auch morgen eine doppelte DRS-Zone geben. Wie einfach wird es für dich, deine Position zu verteidigen?

Das hängt davon ab, wo du dich befindest. Wenn du vorne liegst und deine Verfolger sind nahe genug dran, ist es schwierig - und zwar nicht nur einmal, sondern gleich zweimal. Valencia ist ein Stadtkurs, aber mit langen Geraden. Wegen dieser zwei Zonen ist es wichtig, immer genug Vorsprung zu haben beziehungsweise nahe genug dran zu sein, um etwas probieren zu können. Beide Zonen enden in einer harten Bremszone, wo man etwas probieren kann. Wir werden sehen. Im Moment ist nicht klar, wie viele Boxenstopps es geben und wie einfach das Überholen wird, also müssen wir abwarten. Es ist wie gesagt ein langes Rennen und es wird morgen ziemlich heiss.

War das heute Red Bulls Antwort auf die Regeländerungen?


Darüber wurde viel geredet, aber wir haben nie verstanden warum. Wir mussten uns auf unsere Aufgabe hier konzentrieren, fertig. Wir hatten ein gutes Qualifying, generell ein gut aufgebautes Wochenende. Das Tempo wurde immer schneller und ich fühlte mich im Auto immer wohler. Das war das Wichtigste. Es ist schön, heute hier zu sitzen und die erste Reihe für uns zu wissen, denn das ist eine gute Ausgangsbasis für morgen. Morgen wartet aber ein langes Rennen auf uns.

Interessant, dass du in Q1 sieben Runden auf dem härteren Prime-Reifen gefahren bist, denn das waren vielleicht die heissesten Bedingungen, bei denen sie je eingesetzt wurden. Das könnte auch im Rennen eine Rolle spielen, oder?

Ja, wir haben ein paar Runden gedreht, vielleicht mehr als notwendig waren, aber unterm Strich sind das freie Runden. Es ist nett, ein Gefühl für das Auto zu bekommen, speziell unter diesen Bedingungen, denn die Strecke hat sich von Vor- auf Nachmittag verändert. Daher freue ich mich, dass ich nicht reingeholt wurde, sondern ein paar Runden drehen konnte, um mich einzuschiessen.

Welches Gefühl hast du hinsichtlich Prime und Option für das morgige Rennen?

Grosser Unterschied, würde ich sagen. Wenn man nur auf die Rundenzeiten schaut, beträgt der Unterschied beim gesamten Feld ein bis eineinhalb Sekunden, teilweise sogar mehr. Das ist ein großer Schritt. In Q3 war der Option-Reifen wie gewöhnlich die bevorzugte Wahl. Morgen wird es aber hinsichtlich der Strategie interessant. Vielleicht werden wir zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Ansätze sehen. Darauf müssen wir dann reagieren. Erst einmal brauchen wir aber einen guten Start und dann sehen wir weiter. Wenn man einen Vorsprung hat, kann man es sich vielleicht leisten, eine Runde abzuwarten - man muss schauen, ob man jemanden überholen muss. Aber die Reifen liegen ziemlich weit auseinander.

Sehr viel Leidenschaft haben wir nach der Pole-Position nicht gehört. Es war mehr: 'Guter Job.' Und du: 'Ja, danke.' Hast du dich schon so an den Erfolg gewöhnt, dass so etwas nichts Besonderes mehr ist?

Das stimmt nicht. Es war ein bisschen merkwürdig, denn ich brach meinen zweiten Run eine Runde früher ab, kam herein. Da musste ich mich darauf konzentrieren, alles richtig zu machen und anzuhalten. Ja, ich habe natürlich auf den Funkspruch gewartet, aber dann musste ich das Auto abstellen. Also hatte ich nicht viel Zeit und ich habe nur 'Gratulation' gesagt. Es hängt vom Moment ab. Wenn du um die Strecke rollst und Zeit zum Reden hast, dann hast du ein bisschen mehr Spielraum für grosse Feiern.

Aber hast du damit gerechnet, wusstest du, dass es klappen würde?

Nein. Ich wusste während des zweiten Runs, dass er ein bisschen schneller sein würde, aber nicht um viel, also wollte ich eine Runde auf den Reifen sparen und hereinkommen. Da wusste ich es nicht genau. Mark konnte sich steigern, aber wie gesagt, ich musste im Parc Ferme stehen bleiben und wusste nicht genau Bescheid.

Glaubst du, dass es für die anderen langweilig wird, immer nur um den zweiten Platz zu kämpfen?

Bei allem Respekt denke ich doch, dass wir alle um Platz eins kämpfen. Ich kann nicht davon ausgehen, dass sich Lewis Platz zwei als Ziel setzt. Wir wollen immer gewinnen, alle. Was ist ansonsten der Punkt, im Kreis zu fahren, nur um Fünfter oder Zehnter zu werden? Aber am Samstag gibt es bekanntlich sowieso keine Punkte.

Als du aus deinem Auto ausgestiegen warst, hast du dir das Cockpit des Ferrari genau angesehen. Hast du da nach einem neuen Motorenmapping oder anderen Innovationen gesucht?


Nein, man kann natürlich nicht viel sehen. Ich schaute mir die Lenkräder der anderen Autos an. Es wird ziemlich viel gedrückt dieses Jahr. Da ist es ganz interessant, mal zu schauen, wer wo was hat. Es gibt keine Geheimnisse, aber vielleicht kann man manchmal etwas lernen. Deswegen habe ich es mir angeschaut.

Die neuen Motoreneinstellungen wurden noch nicht auf der Strecke getestet. Morgen müsst ihr mit dem gleichen Mapping fahren wie heute. Glaubst du, dass das irgendetwas am Rennausgang ändern könnte?

Es wird viel geredet und das kommt vor Silverstone noch einmal auf uns zu. Ich denke, wir wissen, was wir tun. Natürlich ist es ein Rückschritt, aber es ist für alle gleich. Einige sind vielleicht mehr betroffen, andere weniger. Vor allem die Autos, die speziell für dieses Konzept gebaut wurden, etwa der Mercedes oder der Renault, werden es mehr als andere spüren, glaube ich.

Hand aufs Herz: Warst du dir hundertprozentig sicher, dass sich am Kräfteverhältnis nichts ändern würde?

Hundertprozentig sicher kann man sich nie sein, denn man weiss nicht, was die anderen machen. Man weiss, was man selbst macht. Wir haben uns gedacht, dass die anderen auch nicht schlafen, dass wir also keinen Riesenvorteil haben oder vielleicht überhaupt nicht von einem Vorteil sprechen können. Ich glaube, es gibt Autos, die sind prinzipiell darauf ausgelegt. Für die wird es deutlich schwieriger, das zu verkraften, als für uns. Also haben wir uns von vornherein ganz normal auf das Wochenende konzentriert und sind jetzt mit dem Ausgang sehr glücklich. Jetzt schauen wir nach vorne auf morgen.

Nach Montreal haben viele gesagt: 'Ah, sein erstes Anzeichen von Schwäche, das wird ihn jetzt auffressen.' Ist das so? Und ist diese Pole-Position deine Antwort auf das, was in Montreal passiert ist?

In jenem Moment war ich natürlich enttäuscht. Ich denke, man konnte sehen, dass ich nicht der glücklichste Mensch der Welt war, sondern Jenson. Es war ein langes Rennen, es war sehr einfach, Fehler zu machen, und es sind nicht alle ins Ziel gekommen. Rückblickend betrachtet war es sehr wichtig, das Rennen zu beenden und ein paar Punkte zu sammeln. Natürlich hat es ein bisschen gedauert, aber am Montag oder Dienstag war das Thema Geschichte und ich schaute schon wieder auf das nächste Rennen. Eine Weltmeisterschaft gewinnst du nicht in ein oder zwei Rennen. Klar hätte ich gerne gewonnen, aber es ist nicht passiert. Hier beginnen wir wieder von vorne.

Wen erwartest du am Start als besonders ungeduldig im Nacken?

Schauen wir mal. Es ist ein langes Rennen hier. Ich denke, es ist wichtig, hier vorne wegzufahren. Das macht es für die ersten paar Kurven immer einfacher. Es sei denn, man hat einen ganz schlechten Start, dann wird es ziemlich wild. Aber die Starts waren bis jetzt sehr gut. Ich bin eigentlich ein bisschen beruhigt, dass Fernando nur auf der Vier steht, denn ich hatte Ferrari ein bisschen stärker eingeschätzt und ihre Starts waren in letzter Zeit ausgezeichnet. Schauen wir mal. Ich hoffe, es gibt keine rote Überraschung in der ersten Kurve. Die Spanier würden sich natürlich freuen, aber wir nicht.

35.6.2011